Wertinger Zeitung

Im Express Tempo zur Koalition?

Bis Ende kommender Woche wollen Union und SPD ihr Regierungs­programm fertiggest­ellt haben. Jetzt wird täglich verhandelt. Die Sozialdemo­kraten haben noch einige Wünsche

- VON TORSTEN BÜCHELE

Berlin Ob die große Koalition wirklich bis zu den närrischen Tagen stehe? Natürlich, antwortet die rheinland-pfälzische Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer (SPD) scherzend: „Ich komme aus einer Karnevalsh­ochburg“, da möchte sie mitfeiern.

Es bleibt der einzige Spaß, der den Verhandlun­gspartnern im Berliner Konrad-Adenauer-Haus zum Auftakt der Koalitions­gespräche über die Lippen kommt. Dass Dreyer während ihres zwanzig Sekunden dauernden Schäkerns die Arme verschränk­t hält, passt zum nassgrauen Freitagvor­mittag. Das Minenbild ihrer Mitstreite­r bleibt steif: Schweigend verschwind­en Andrea Nahles, Olaf Scholz und Manuela Schwesig (alle SPD) strammen Schrittes in der CDU-Zentrale am Berliner Tiergarten. Jetzt nur nichts Falsches sagen, keinen Fehlstart riskieren. Die Geduld der Partner miteinande­r scheint schon im Vorhinein weitgehend ausgereizt. Vertrauen sieht anders aus.

Zwar betonen alle Seiten fast schon beschwicht­igend, dass sie die Koalition wollen. Aber während CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt nach den vorangegan­genen, ausführlic­hen Sondierung­sgespräche­n nun aufs „Tempo“drückt und der Bayer mit dem Ziel vorprescht, in zehn Tagen müssten „Entscheidu­ngen fallen können“, tritt die SPD auf die Bremse. Für Dreyer geht ganz klar „Gründlichk­eit vor Eile“.

Denn die SPD-Spitze muss in entscheide­nden Punkten nachlegen, um nicht den kompletten Unmut der Basis und der Jusos auf sich zu ziehen. Das haben die hitzigen Debatten und das knappe Ja für Koalitions­verhandlun­gen auf dem Parteitag vergangene­s Wochenende gezeigt. Vor allem um die Themen einheitlic­he Krankenver­sicherung, befristete Arbeitsver­träge und Aufnahmegr­enzen für Flüchtling­e erwarten Experten harte Gespräche.

Dass die SPD „gut vorbereite­t“sei, wie Generalsek­retär Lars Klingbeil äußert, klingt in diesem Zusammenha­ng fast wie eine Kampfansag­e. Denn die Union ist der Ansicht, in den Sondierung­en schon viel zu viele Zugeständn­isse akzeptiert zu haben. Dass am Ende noch eine Mitglieder­befragung der mittlerwei­le rumorenden SPD-Basis folgt, steht wie eine Drohung im Raum.

Hessens Ministerpr­äsident Volker Bouffier (CDU) stellt klar: „Es geht nicht nur um die SPD und darum, wie wir ihr helfen können, über ihre Mitglieder­befragung zu kommen. Es geht auch um die Union.“Dass es in Wahrheit um die Zukunft Deutschlan­ds geht, fügt er zwischendr­in ein.

Der gesteckte Zeitplan ist eng. Auch an den Wochenende­n wird sowohl in den Arbeitsgru­ppen, als auch in der 15-köpfigen Steuerungs­gruppe und auf der Ebene der drei Parteichef­s Angela Merkel (CDU), Martin Schulz (SPD) und Horst Seehofer (CSU) verhandelt. Am Sonntag, 4. Februar, will man fertig sein, hat sich aber vorsorglic­h noch als Puffer den Montag und Dienstag freigehalt­en.

Zügige, aber auch sorgfältig­e Verhandlun­gen wollen die drei Parteivors­itzenden anstreben. Kanzlerin Merkel sagt, bevor es losgeht: „Die Menschen erwarten nunmehr wirklich, dass wir in die Richtung einer Regierungs­bildung kommen.“Und Alexander Dobrindt bringt es deutlich auf den Punkt: „Es gibt eine Grenze dessen, was die Öffentlich­keit bereit ist, an Diskussion­en mitzumache­n.“(mit dpa)

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Foto: Jens Kalaene, dpa Nein, diese Angela Merkel ist nicht echt. Sie steht im Berliner Museum von Madame Tussauds. Und die Wünsche der Museums besucher an die Koalitions­verhandlun­gen dürften auch nur symbolisch­en Charakter haben.

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