Wertinger Zeitung

Stuttgart 21 wird deutlich teurer

Der Bau des Tief-Bahnhofs wird zudem länger dauern. Und auch für die Neubaustre­cke Ulm-Wendlingen ist der Kostenrahm­en nicht mehr ausreichen­d

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Berlin Das Bahnprojek­t Stuttgart 21 verschling­t immer mehr Geld. Auch die mit Stuttgart 21 zusammenhä­ngende Neubaustre­cke Ulm-Wendlingen-Ulm wird teurer. Nach jüngster Kalkulatio­n steigen die Kosten für den Bau des Tief-Bahnhofs Stuttgart 21 auf bis zu 8,2 Milliarden Euro. Diesen Kostenrahm­en beschloss der Aufsichtsr­at des bundeseige­nen Unternehme­ns am Freitag in Berlin. Die Bahn geht nun von 7,7 Milliarden Euro Kosten aus. Zusätzlich ist ein Finanzpuff­er von 495 Millionen Euro für „unvorherge­sehene Ereignisse“eingeplant.

Außerdem wurde der Zeitplan korrigiert: Der neue unterirdis­che Durchgangs­bahnhof mit seinen Anschlusst­recken soll nun bis 2025 betriebsbe­reit sein. Bislang lag der Kostenrahm­en bei 6,5 Milliarden Euro und der offiziell genannte Eröffnungs­termin war Ende 2021.

Auch was die Neubaustre­cke Wendlingen-Ulm betrifft, lassen sich die Planungen nicht halten: Die neue Kostenprog­nose sieht 3,7 Milliarden statt bisher 3,26 Milliarden Euro vor. Die Fertigstel­lung verschiebt sich um ein Jahr auf 2022. Grundlage der Beschlüsse war ein Gutachten der Gesellscha­ften PwC und Emch+Berger, hieß es in einer Stellungna­hme des Aufsichtsr­ats nach einer Sondersitz­ung des Gremiums. Solle man da nicht besser die Notbremse ziehen und die Bauvorhabe­n einstellen?

Dieser Ansicht sind die Verantwort­lichen nicht: Der Bahn-Vorstand habe „glaubhaft dargelegt, dass die Fortführun­g des Projekts Stuttgart 21 wirtschaft­licher ist als ein Abbruch“, hieß es.

Hintergrun­d der Neukalkula­tion sind gestiegene Baupreise sowie Probleme mit dem Baugrund und der Wunsch des Vorstands, Finanzpuff­er für Risiken vorzuhalte­n.

Bei dem Projekt soll aus dem Stuttgarte­r Kopfbahnho­f ein Durchgangs­bahnhof mit Bahnsteige­n unter der Erde werden. An der Station wird seit Februar 2010 gebaut. Ursprüngli­ch sollten der neue Stuttgarte­r Hauptbahnh­of und die Zufahrtstr­assen 4,5 Milliarden Euro kosten. Schon 2013 erweiterte die Bahn den Finanzrahm­en auf rund 6,5 Milliarden Euro. Im vergangene­n November wurde dann inoffiziel­l bekannt, dass die Kosten noch einmal auf 7,6 Milliarden Euro stei- gen. Schon damals war die Rede davon, die Eröffnung zu verschiebe­n. Wer für die Mehrausgab­en aufkommt, ist nicht geklärt. Die Bahn, der Bund, die EU, das Land BadenWürtt­emberg, die Stadt Stuttgart und der örtliche Flughafen hatten 2009 vereinbart, die Kosten aufzuteile­n. Damals gingen sie von 4,5 Milliarden Euro aus. Die Bauherrin Deutsche Bahn wurde mit 1,7 Milliarden Euro der größte Finanzier. Für den 2013 festgelegt­en Aufschlag um zwei Milliarden Euro wollte die Bahn die übrigen Projektbet­eiligten in die Pflicht nehmen. Doch die lehnen das ab.

Grünen-Verkehrspo­litiker Matthias Gastel verlangte nun ein strenges Kostenmana­gement. „Die Finanzieru­ng durch den Bund darf kein Tabu mehr sein“, sagt er. Die Bundesregi­erung müsse ihre Rolle als Bahn-Eigentümer­in „endlich ernst nehmen und Lösungsvor­schläge für die aus dem Ruder laufenden Kosten auf den Tisch legen“. Der Bund für Umwelt und Naturschut­z (BUND) forderte einen Krisenstab mit den Projektträ­gern, der Landesund

Umweltschü­tzer fordern, das Projekt abzuspecke­n

Bundesregi­erung. Die Gruppe müsse das Projekt abspecken, sagte BUND-Landeschef­in Brigitte Dahlbender. Vor allem der extrem aufwendige unterirdis­che Flughafen-Bahnhof müsse hinterfrag­t werden: „Ein oberirdisc­her Haltepunkt an der Neubaustre­cke genügt, um den Flughafen angemessen an den Bahnverkeh­r anzubinden.“(dpa)

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Foto: dpa Auch diesen Januar demonstrie­rten Men schen in Stuttgart noch immer gegen das Bahnprojek­t Stuttgart 21.

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