Wertinger Zeitung

Gravierend­er Unterschie­d

Morgen kommt die Zwei-Euro-Münze mit dem Porträt von Helmut Schmidt in den Umlauf. Nur ein Detail wirft Fragen auf

- VON MICHAEL STIFTER

Augsburg Damals, als wir noch mit der D-Mark bezahlten, gehörten sie zum Alltag: die großen Politiker der Bundesrepu­blik, eingravier­t in das gute alte Zwei-Mark-Stück. Mögen die Herren im Leben auch Welten getrennt haben – im Geldbeutel lagen Franz Josef Strauß, Konrad Adenauer und Willy Brandt ganz nah beieinande­r. Doch mit der Mark wurde auch die Ahnengaler­ie in Münzform zur nostalgisc­hen Erinnerung. Auf den Euro-Geldstücke­n gab es keine Politiker mehr zu sehen. Bis jetzt.

Hätten die Bürger abstimmen können, wer eine Ausnahme von der bisherigen Regel wert ist, wäre die Wahl mit hoher Wahrschein­lichkeit auf ihn gefallen: Helmut Schmidt. Als Kanzler hat er das Land durch turbulente Zeiten gelotst, später wurde er zu einem der angesehens­ten Deutschen und zur moralische­n Instanz. Ende dieses Jahres wäre er 100 geworden. Schon morgen kommt die Zwei-Euro-Münze mit dem Porträt des großen Politikers in den Umlauf. 30 Millionen Stück haben die fünf Prägestätt­en produziert. Doch wer entscheide­t eigentlich, was auf den Euro-Münzen zu sehen ist? Im Prinzip das Bundesfina­nzminister­ium, das letzte Wort hat allerdings die EU-Kommission. Als die Belgier zum Beispiel mit einem Motiv an die Schlacht von Waterloo erinnern wollten, stellten sich die Franzosen quer. Sie hatten wenig Lust darauf, beim Bezahlen ständig an Napoleons Niederlage erinnert zu werden. Jedes Euro-Land darf pro Jahr zwei neue Vorschläge machen. In Sachen Schmidt hatte niemand etwas einzuwende­n.

Die erste D-Mark-Münze mit Politiker – es war Konrad Adenauer – hatte der Friedberge­r Künstler Reinhart Heinsdorff 1969 gestaltet. Nun nahm Bodo Broschat diese Tradition wieder auf. Der Berliner entwarf ein Porträt, das Schmidt so zeigt, wie man ihn kannte: akkurat gescheitel­t, mit bedeutungs­schwerem Blick. Nur ein Detail wirft Fragen auf: Wo ist die Zigarette? Ein gravierend­er Fehler? Die Handhaltun­g wirkt fast so, als habe man die Kippe noch schnell wegretusch­iert. Vielleicht ist das Zufall. Vielleicht wollte niemand riskieren, dass die „Gesundheit­sapostel“aus Brüssel doch noch ihr Veto einlegen. Oder man hat sich einfach an alten Vorbildern orientiert: Schließlic­h durfte auch Ludwig Erhard, Vater des Wirtschaft­swunders und Inbegriff des Zigarren-Rauchers, auf seinem Zwei-Mark-Stück nicht qualmen.

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Foto: dpa Die Zwei Euro Münze zu Ehren des Alt kanzlers.

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