Wenn sich der Müll in der Wohnung häuft
Ein Fall im Stadtjägerviertel zeigt, wie es ist, wenn ein Mieter die Räume vermüllt und verwahrlosen lässt
Augsburg Der Mieter ist jetzt ausgezogen. Seiner Vermieterin Brigitte G. hat er einen Brief hinterlassen. Darin steht, dass sie berechtigt sei, „über das verbleibende Vermögen frei zu verfügen“. Das, was er ein „Vermögen“nennt, ist in Wirklichkeit vor allem eines: Müll. Er hat die 60-Quadratmeter-Wohnung in der Nähe des Plärrers komplett verwahrlost und vermüllt hinterlassen. Umzugskisten voller Sperrmüll stehen herum, überall liegen zerknüllte Papiertücher, schmutzige Kleidung, Zigarettenkippen, Essensreste, leere Flaschen. Brigitte G. hat die Wohnung mithilfe von Bekannten ausgeräumt. Jetzt muss sie renoviert werden. Die Hoffnung, dass sie die Kosten von ihrem ehemaligen Mieter ersetzt bekommt, hat sie nicht.
So wie Brigitte G., 68, ergeht es vielen, die eine Wohnung an einen sogenannten Messie vermietet haben. Bei der Städtischen Wohnbaugruppe, die fast 10 000 Wohnungen in Augsburg vermietet, gibt es pro Jahr etwa zwei bis drei Fälle, in denen Wohnungen aufgrund starker Vermüllung oder Verschmutzung geräumt und professionell gereinigt werden müssen. „Grundsätzlich hat der Mieter die Kosten für eine Räumung in voller Höhe zu tragen“, sagt Andrea Wolf, die Sprecherin der Wohnbaugruppe. „In der Realität sieht es jedoch so aus, dass wir die Kosten in vielen Fällen letztendlich übernehmen müssen.“
Der Mieter von Brigitte G. zog im Sommer 2013 in die kleine Erdgeschosswohnung ein. Er war damals Ende Vierzig und hatte noch einen Job als Busfahrer. Anfangs sei alles normal gewesen, doch irgendwann bemerkte sie das Problem des Mannes und kündigte. Der Mieter hatte insgesamt ein halbes Jahr, um sich eine neue Bleibe zu suchen. Aufgeräumt hat er in der Zeit nicht. Er bedaure, schrieb er an die Vermieterin, dass er dazu nicht die körperlichen und finanziellen Mittel habe.
Dem Mieter, einst Gymnasiallehrer, wurde vom Amtsgericht im vergangenen Jahr eine gesetzliche Betreuerin zugeordnet. Dafür, wie die Wohnung hinterlassen wurde, fühlt sie sich aber offensichtlich nicht verantwortlich. Als der Auszug des Mannes bevorstand, schrieb die Betreuerin, die Wohnung könne zum Monatsende in „bekannt ungutem Zustand“zurückgegeben werden. Laut Brigitte G. sagte sie schon vor einiger Zeit, sie sei schließlich keine Putzfrau. Der Ex-Mieter, heute 52 Jahre alt, Hartz-IV-Empfänger, lebt jetzt in einem Pflegeheim.
Dass ein Mietverhältnis mit viel Ärger endet, sei in Messie-Fällen leider fast normal, sagt Gabriele Seidenspinner, Geschäftsführerin beim Eigentümerverband Haus und Grund in Augsburg. Für Vermieter ergibt sich oft das Problem, dass sie einem Mieter erst mal nachweisen müssen, dass er mit seinem Verhalten die Wohnung beschädigt. Zwar gibt es ein Recht, die Wohnung etwa im Rahmen von Handwerkertätigkeiten zu betreten. Fotos darf man dabei aber nicht machen. Vor Gericht haben sie keinen Beweiswert. Brigitte G. sagt, sie bedaure es, dass man ihrem Mieter trotz der gesetzlichen Betreuung offenkundig nicht so helfen konnte, dass er weiter in der Wohnung leben kann. Sie glaubt, dass Fehler gemacht wurden und hat deshalb auch bei den Behörden Anzeige erstattet – wegen unterlassener Hilfeleistung. Nach der Renovierung will sie die Wohnung wieder vermieten. Die Sorge, dass sie wieder solchen Ärger mit einem Mieter hat, sei bei jetzt aber natürlich immer im Hinterkopf.