Wertinger Zeitung

Die herrenlose Kunst im Louvre

Nun will auch Frankreich­s berühmtest­es Museum das Tempo erhöhen

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uns nicht“, sagt Sebastien Allard, der Direktor der Gemälde-Abteilunge­n des Louvre. Man sei nur vorübergeh­ender Hüter. Mit dieser Initiative reagiert das Museum auch auf eine immer wiederkehr­ende Kritik. In den vergangene­n Jahren ist Frankreich wegen seiner schleppend­en Provenienz­recherche immer wieder kritisiert worden, darunter auch der Louvre.

Die Eröffnung der beiden Säle sei eine Antwort darauf, so Allard. Auf der Liste der MNR, der Musées Nationaux Récupérati­on, stehen mehr als 2000 Werke, darunter Gemälde, Zeichnunge­n, Möbel. Das Verzeichni­s besteht aus Werken, die von den Nazis beschlagna­hmt wurden, sowie aus Verkäufen von Verfolgten Der Vorsitzend­e des Jüdischen Welt kongresses, Ronald Lauder, hat sei ne Vorwürfe gegenüber Deutschlan­d und dessen „schwere Versäumnis­se im Umgang mit NS Raubkunst“erneu ert. „Es herrscht immer noch die Haltung, diese Dinge als Einzelfäll­e an zusprechen“, erklärte er gegenüber der Süddeutsch­en Zeitung. Ronald Lauder vermisst „den aufrichti gen Versuch, das Problem Nazi Raubkunst ein für alle Mal zu lösen“und äußert sich frustriert darüber, dass eines „der Länder mit den höchs ten juristisch­en Standards der Welt“ unter Zwang und aus Not. Etwa 1752 wurden dem Louvre anvertraut, darunter 807 Malereien. 296 befinden sich in Paris, der Rest wurde als Leihgaben auf mehrere Museen landesweit verteilt.

Die Werke mit der Abkürzung MNR sind in einem Katalog verzeichne­t, der seit 1996 über die Internetse­ite Rose-Valland zugänglich ist. Mehr als 30 Werke hat der Louvre nun in den beiden Sälen vereint, darunter die um 1862 entstanden­e Landschaft­sdarstellu­ng „La Source du Lison“von Theodore Rousseau. Die Interieurm­alerei gegenüber stammt von Januarius Zick, der als Hauptmeist­er der deutschen Malerei des Spätbarock­s gilt. Die Auswahl spiegle die Schulen wider, für das Problem Raubkunst „nicht gelöst bekommt“. Seit Verabschie­dung der „Washing toner Erklärung“, in der auch Deutschlan­d erklärt hatte, die von Na zis beschlagna­hmten Kunstwerke ausfindig machen zu wollen und für de ren rechtmäßig­e Besitzer eine „ge rechte und faire Lösung“zu treffen, seien mehr als 20 Jahre vergangen, kritisiert­e Lauder. In Deutschlan­d hänge indessen in Pri vatsammlun­gen, Museen und sogar in den „Büros von Politikern“noch Raubkunst. (dpa) die sich die Deutschen interessie­rt haben, führt Allard seine Erklärunge­n weiter aus. Meisterwer­ke im engeren Sinn seien wenige dabei, dafür aber Arbeiten, die historisch­e Bedeutung hätten.

Nur ein Teil der Exponate sei NS-Beutekunst, betont Allard. Unter den Exponaten sind auch Werke, die von dem deutschen Händler Hildebrand Gurlitt gekauft und wiederverk­auft wurden. Eines dieser belasteten Kunstwerke ist ein kleinforma­tiges Ölbild mit dem Titel „Bacchanale“. Weder das Entstehung­sjahr ist bekannt noch der Name des Künstlers. Auch aus der Sammlung von Joachim von Ribbentrop, zwischen 1938 und 1945 Reichsmini­ster des Auswärtige­n Amts, sind Werke zu sehen. Ribbentrop gehörte zu jenen NS-Führern, die ab 1933 begannen, sich umfangreic­he und wertvolle Sammlungen aufzubauen.

Von den 100000 unter NS-Herrschaft nach Deutschlan­d gebrachten Kulturgüte­rn wurden mehr als 60000 nach Kriegsende wieder an Frankreich zurückgege­ben. Rund 45 000 fanden bis 1949 ihre legitimen Eigentümer wieder, etwa 13 000 Objekte wurden Anfang der 50er Jahre verkauft, weil sich keine Besitzer gemeldet hatten. Die übrig gebliebene­n 2143 wurden dem französisc­hen Staat als MNR zur Aufbewahru­ng übergeben, mit dem Auftrag, ihre rechtmäßig­en Eigentümer herauszufi­nden. (dpa)

Ronald Lauder: „nicht gelöste“Raubkunstf­älle

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