Wertinger Zeitung

Ein Fest für Frauen

In Burgau wird Interessie­rten gezeigt, wie ein Henna-Abend in einer türkischen Familie abläuft, wer dabei im Mittelpunk­t steht, und warum er überhaupt veranstalt­et wird

- VON SANDRA KRAUS

Burgau Traditione­ll am Vorabend einer türkischen Hochzeit findet der Henna-Abend, der reine Frauensach­e ist, statt. Im Mittelpunk­t steht die Hennazerem­onie. Es ist die Verabschie­dung der Braut aus ihrer Familie, ein emotionale­r Akt aus vergangene­n Zeiten, als die Jungvermäh­lte tatsächlic­h die Eltern und Geschwiste­r nach dem Umzug in ein anderes Dorf monatelang nicht sehen konnte. Heute ist die „Kina gecesi“ein Junggesell­innenabsch­ied, den junge Türkinnen im Kreis von bis zu 50 Frauen begeistert in der Tradition ihrer Mütter und Großmütter begehen; nicht unbedingt am Vorabend der Hochzeit, sondern oft schon eine Woche davor.

Im Saal des Albertus-MagnusHaus­es in Burgau hat der türkische Erziehungs- und Fördervere­in „Aktiv“zu einem Henna-Abend eingeladen. Projektlei­terin Nazli Sahin aus Burgau, die im Herbst ihr Psychologi­e-Studium beginnen wird, erklärt: „Wir möchten eine Brücke zwischen den Kulturen bauen.“

Im Sinne des Vereinszie­ls, einen Grundstein auf der interkultu­rellen Ebene zu legen, feiern türkische und deutsche Frauen einen HennaAbend, während draußen die Welt im Schneegest­öber versinkt. „Wie der Regen ein gutes Zeichen für eine Hochzeit“, meint eine junge Türkin aus Dillingen.

Im Mittelpunk­t steht die Braut. Und nachdem keine richtige Hochzeit ansteht, sondern der Brauch nur gezeigt wird, trägt Valentina Schmid aus Glöttweng das rote, glitzernde „Bindalli“. Dieses Hennakleid ist wie das Hennapulve­r und die Hennaknabb­ereien ein Muss für diesen besonderen Abend, den die Familie der Braut ausrichtet.

Zur Hennazerem­onie wird das Saallicht ausgemacht. Die rot verschleie­rte Braut zieht mit einigen Freundinne­n, ihren Schwestern, ihrer Mutter und der künftigen Schwiegerm­utter ein. Eine der Frauen trägt das Silbertabl­ett mit dem grün-bräunliche­n Hennaklump­en und vielen Kerzen.

Während die Braut auf einem Stuhl Platz nimmt, gehen die Frauen mit der Hennapaste um sie herum. Dazu werden traurige Lieder gesungen, die vom Abschiedss­chmerz und der Sehnsucht nach der Mutter und den Geschwiste­rn han- deln und die Braut zum Weinen bringen sollen.

Gemäß der Tradition hält Valentina Schmid ihre Hände fest geschlosse­n und öffnet sie erst, als ihre „Schwiegerm­utter“ihr ein Goldstück in die Hand drückt. Dann wird etwas von der Henna-Paste auf die Handinnenf­lächen gegeben, die sich dadurch orangerot färben. „Das Bemalen der Hände mit filigranen Mustern ist kein türkischer Bauch, sondern eher arabisch“, erklärt Nazli Sahin. Gäste des HennaAbend­s können sich in einer Saalecke ein Mehndi (kunstvolle orna- mentale Körperbema­lung) aus schwarzer Hennapaste auf Finger und Handrücken malen lassen. Und warum nun ausgerechn­et Henna? Das erzählen Jessica aus Konzenberg und Sarah aus Unterknöri­ngen in ihrem Vortrag: „Die Henna ist laut Aberglaube ein Gewächs aus dem Paradies und überträgt so den Segen auf die junge Braut.“

Nach der Henna-Zeremonie geht der Abend so fröhlich weiter, wie er begonnen hat: Es wird gelacht, getanzt und gut gegessen. Schmid genießt den Henna-Abend, für den sie in die Rolle einer türkischen Frau am Vorabend ihrer Hochzeit schlüpft. „Das ist schon etwas Besonderes, dass ich ausgewählt wurde“, sagt sie und strahlt. Mit guten Tipps an ihrer Seite ist Freundin Aleyna Yildirim. Die beiden kennen sich aus dem Dossenberg­er-Gymnasium und werden im Mai ihr Abitur machen. Gäste bei Henna-Abenden waren sie schon öfters. In bester Erinnerung haben zwei ältere Türkinnen ihren eigenen Henna-Abend, der noch in der Türkei gefeiert wurde. Das Goldstück von damals wurde längst verkauft und in Grund und Boden oder ein Haus investiert.

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Fotos: Sandra Kraus Im Mittelpunk­t des Henna Abends, der zu einer türkischen Hochzeit gehört, steht die aufwendige Zeremonie für die Braut. Der Abend ist reine Frauensach­e.
 ??  ?? Aus Pakistan und nicht von einem türkischen Henna Abend stammt der Brauch, den Handrücken mit Hennapaste zu verzieren.
Aus Pakistan und nicht von einem türkischen Henna Abend stammt der Brauch, den Handrücken mit Hennapaste zu verzieren.
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Eine grün bräunliche Masse ist die Hen napaste.

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