„Man hätte reden müssen“
Die Probleme in der Dillinger Klinik sind komplex
Dillingen Für Landrat Leo Schrell und Uli-Gerd Prillinger, Geschäftsführer der beiden Kreiskliniken, war es der Anfang vom Ende. Als das geplante Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) den notwendigen Kassensitz nicht bekam und die beiden dafür vorgesehenen Gynäkologen kündigten. Neben dem Problem, neue Hebammen zu finden, führt dies nun dazu, dass die Dillinger Geburtshilfe von 23. März bis 30. Juni vorübergehend geschlossen wird. Seitdem hadern beide mit der Entscheidung des Zulassungsausschusses, der dem Dillinger Frauenarzt Dr. Tomas Fischer den notwendigen Kassensitz zusprach, statt dem Dillinger Krankenhaus. Dr. Steffen Gass, Dermatologe in Günzburg, ist der regionale Vorstandsbeauftragte der Kassenärztlichen Vereinigung in Schwaben und entschied zusammen mit zwei Kollegen und drei Vertretern der Krankenkassen über den Dillinger Arztsitz. Er sagt: „Eine Geburtshilfe muss von sich heraus funktionieren, unabhängig davon, ob es ein MVZ gibt oder nicht.“
Für die Entscheidung, wer einen Kassensitz bekommt, gibt es laut Gass festgelegte Kriterien und ein standardisiertes Verfahren. „Wenn das Konzept der Dillinger Geburtshilfe auf so einem Konzept basiert, wäre vorher mehr als nur ein Gespräch mit dem Kollegen Fischer notwendig gewesen. Doch mehr gab es meines Wissens nach nicht. Man muss doch die Kooperation suchen. Dann hätte es vielleicht einen Kompromiss gegeben.“Die konnte es aber laut Uli-Gerd Prillinger, Geschäftsführer der Kreiskliniken, nicht geben, weil er von der anderen Bewerbung erst am Tag des Zulassungsausschusses erfahren hatte, wie er sagte.
Die Fischers hatten sich zuerst allein um den Kassensitz beworben. Das sei keine Reaktion auf das MVZ gewesen, sondern ein ganz normaler Vorgang, sagt Gass. Er ist sich sicher: In gemeinsamen Gesprächen zwischen Krankenhaus und dem Dillinger Gynäkologen-Paar hätte sich bestimmt eine Lösung gefunden. Gass: „Die Fischers haben doch selbst ein großes Interesse an der Abteilung – dort entbinden die Frauen, die sie betreuen. Aber die eigene Praxis muss eben auch laufen.“Die hat sich das Paar schließlich selbst finanziert. Das Ehepaar Fischer erklärte am Dienstagnachmittag: „Wir sind beide weiterhin dazu bereit, in der aktiven Geburtshilfe mitzuarbeiten. Das gilt für alle Ärzte in unserer Praxis. Wenn jemand fehlt, am Wochenende oder nachts, springen wir ein.“Seit 2013 waren die beiden Fischers in der Geburtshilfe tätig und wollten damit auch nicht aufhören. Dass die Geburtshilfe in Dillingen nun vorübergehend schließt, hätten sie von Patienten und der Zeitung erfahren.
Warum der Ausschuss zugunsten der Fischers entschied: Für einen bestimmten Patientensatz braucht man eine bestimmte Menge an Sitzen. Wie berichtet, ist die KV grundsätzlich für die ambulante Versorgung zuständig. Die Dillinger Frauenarztpraxis hat so viele Patienten, dass sie das für ihre beiden Sitze vorgesehene Volumen regelmäßig überschreitet. Dann wird das angeforderte Honorar aber heruntergeschraubt – man behandelt diese Patienten dann quasi umsonst. „Wenn das mal passiert, ist es nicht so schlimm. Aber wenn das täglich der Fall ist, das geht nicht“, erklärt Dr. Gass.
Ein Argument für die Entscheidung des Zulassungsausschusses war also unter anderem, dass die Dillinger Frauenarztpraxis überaus gut besucht ist. Das Ehepaar gilt unter Dillinger Kollegen als hoch motiviert. Außerdem haben die Fischers eine Weiterbildungsberechtigung. Sie bilden eine junge Ärztin aus, mit dem Ziel, medizinischen Nachwuchs für die Region zu gewinnen.