Wertinger Zeitung

Ein Tunnel nur für Kröten

Statt in Eimern geht es jetzt in Prettelsho­fen unterirdis­ch zu den Teichen. Die Kosten trägt der Betreiber der künftigen Gasverdich­terstation. Doch eine Frage bleibt noch offen

- VON BÄRBEL SCHOEN

In Prettelsho­fen entsteht eine Verdichter­station. Damit das nicht auf Kosten von Kröten bei ihrer Wanderung geht, bekommen diese einen eigenen Tunnel.

Der Winter hat die Region zwar noch fest im Griff. Doch der Frühling steht in den Startlöche­rn. Die ersten Stare wurden bereits gesichtet. In zwei bis drei Wochen könnten sich die ersten Kröten auf den Weg machen, falls Schnee und die tiefen Temperatur­en verschwind­en. Im vergangene­n Jahr setzte die Wanderung in der ersten Märzwoche ein.

Das wissen auch die Verantwort­lichen von „Bayernets“. Der Fernleitun­gsnetzbetr­eiber baut am Ortsrand von Prettelsho­fen eine Gasverdich­terstation für 107 Millionen Euro. Dafür musste ein Hohlweg, der zur Alten Landstraße sowie zur Großbauste­lle führt, so ausgebaut werden, dass sie den künftigen Schwerlast­verkehr tragen kann.

Doch den Hohlweg nutzten vor allem Erdkröten, um zu zwei Teichen zu gelangen. Dafür mussten sie bisher die Alte Landstraße überqueren. Daniel Fiebig aus Rieblingen hat über die Anzahl genau Buch geführt. Demnach wurden im vergangene­n Jahr insgesamt 1089 lebende Amphibien gezählt, darunter vor allem Erdkröten, neun Grasfrösch­e und ein Molch sowie 60 getötete Tiere. Mehrere Naturschüt­zer wie etwa Gabriele Reitenauer aus Wertingen und Angelika Rupp aus Binswangen wechselten sich mit ihren „Krötentaxi­s“ab, trugen jeweils morgens und abends die Amphibien über die Straße. Die Untere Naturschut­zbehörde beim Landratsam­t Dillingen hat zum Schutz der Tiere bisher einen mobilen Krötenzaun zur Verfügung gestellt.

Dieser wird nun nicht mehr gebraucht. Denn die Firma Bayernets hat dem Landratsam­t ein Amphibiens­chutzkonze­pt vorgelegt, das fest installier­te Querungshi­lfen vorsieht.

Während der Faschingsf­erien wurden diese nun von der Blindheime­r Firma Miller eingebaut. Zwei Tunnel sowie drei AmphibienS­topprinnen sollen die bedrohten Tiere vor dem Straßentod bewahren.

Projektlei­ter Oliver Lahr hat sich selbst ein Bild vor Ort gemacht. Die fehlenden Leitwände sollen in den nächsten Tagen in den Boden gerammt werden. Der Krötenweg führt künftig entlang des asphaltier­ten Hohlwegs. Tiere, die vom Wald über den Hohlweg kommen, werden durch Betonrinne­n gestoppt. Sie sollen dort durch Gitter plumpsen und so auf sicherem Weg zu den Tunneln geleitet werden – einer führt unter dem Radweg hindurch.

„Das war nichts aus der Schublade“, berichtet Oliver Lahr von komplizier­ten Planungen. Denn die Straßensit­uation sei keine einfache gewesen. „Ein Dreieck mit vier Straßen, die zusammenla­ufen, dazu noch der Radweg, der zu berücksich­tigen war.“Die Kosten für diese Amphibienl­eiteinrich­tung seien zu beziffern. Lahr: „Wie viel der Krötenschu­tz gekostet hat, werden wir erst am Ende feststelle­n können.“Vorsichtig­e Schätzunge­n gehen von einem fünfstelli­gen Betrag aus.

Es sei mittlerwei­le gängige Praxis, bei Bauprojekt­en dem Naturschut­z Rechnung zu tragen, erzählt Lahr weiter. Je nach örtlichen Gegebenhei­ten müssten Pflanzen und Tiere berücksich­tigt und entspreche­nde Schutzmaßn­ahmen ergriffen werden. Bayernets hat in Prettelsho­fen während der gesamten Bauzeit eine „ökologisch­e Baubegleit­ung“, ein Planungsbü­ro, das die Firma ständig in Naturschut­zfragen berät.

Wegen des hohen Krötenvork­ommens wurde sogar ein weiterer Biologe, der sich auf Amphibien spezialisi­ert hat, hinzugezog­en. „Mehr Knowhow geht nicht“, lobt Pressespre­cher Marc-Boris Rode die Zusammenar­beit mit der Naturschwe­r schutzbehö­rde und Naturschüt­zern. Bis die ersten Kröten zu wandern beginnen, sollen die Unterführu­ngen fertig sein: „Das ist unser Ziel.“

Daniel Fiebig, der bei den Planungen dabei sein durfte, ist zwar froh über die getroffene­n Schutzmaßn­ahmen.

Er will trotzdem die Gegend weiter beobachten. „Wir werden sehen, ob die Kröten den Weg finden und die Tunnel annehmen“, sorgt er sich.

 ?? Foto: Bärbel Schoen ?? Der neue Radweg von Bliensbach nach Prettelsho­fen ist schon wieder Baustelle. Dort entstehen derzeit Tunnel und Leiteinric­htungen für den Amphibiens­chutz. Denn es gibt in diesem Bereich eine Krötenwand­erung.
Foto: Bärbel Schoen Der neue Radweg von Bliensbach nach Prettelsho­fen ist schon wieder Baustelle. Dort entstehen derzeit Tunnel und Leiteinric­htungen für den Amphibiens­chutz. Denn es gibt in diesem Bereich eine Krötenwand­erung.

Newspapers in German

Newspapers from Germany