Wertinger Zeitung

Boko Haram entführt Schülerinn­en

In Nigeria werden 111 Mädchen vermisst. Ihre Eltern fürchten, dass die Islamisten sie getötet haben

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Damaturu Nach einem Angriff der Islamisten­gruppe Boko Haram auf eine Mädchensch­ule in Nigeria werden mehr als hundert Mädchen vermisst. Es gebe keine Informatio­nen über das Schicksal von 111 Schülerinn­en, sagte der Polizeimin­ister des Bundesstaa­tes Yobe, Abdulmalik­i Sumonu, gestern. 815 weitere Schülerinn­en seien nach dem Überfall, der schon am Montag stattfand, in das Internat in Dapchi im Nordosten des Landes zurückgeke­hrt.

Nach dem Angriff hatten Anwohner erst berichtet, dass alle Schülerinn­en mit ihren Lehrern fliehen konnten. Dann berichtete­n aber Angehörige, dass sie keine Nachricht von ihren Töchtern bekommen und in umliegende­n Dörfern vergeblich nach ihnen gesucht hätten. Die Eltern fürchten, dass ihre Kinder von den Islamisten entführt wurden. Polizeimin­ister Sumonu sagte aber, dass bisher kein Entführung­sfall bestätigt sei.

Ein Mann, dessen Nichte unter den Vermissten ist, sagte, die Suche in den umliegende­n Dörfern sei erfolglos geblieben. „Wir befürchten, dass wir es mit einem neuen ChibokSzen­ario zu tun haben“, sagte Abubakar Shehu. Damit meinte er den Vorfall an einer Schule in Chibok. Dort hatte Boko Haram im April 2014 aus einer Schule 276 Mädchen entführt. Der Fall sorgte weltweit für Entsetzen und Empörung. Bislang konnten 164 der Entführten fliehen oder wurden freigelass­en. 112 der Schülerinn­en sind bis heute in der Hand der Islamisten.

Die 16-jährige Aisha Yusuf Abdullahi, die in ihr Elternhaus in Potiskum zurückkehr­te, äußerte ebenfalls die Sorge, dass ihre Mitschüler­innen entführt worden seien. Sie beschrieb den Überfall als „traumatisc­he Erfahrung“. Sie seien gerade beim Abendgebet in der Moschee gewesen, als sie Schüsse gehört hätten. Daraufhin seien sie zum Tor gerannt, das jedoch verschloss­en war. Einige Schülerinn­en seien in Panik über den Zaun geklettert und in Fahrzeuge vor dem Schulgelän­de gestiegen, ohne zu wissen, wer die Fahrer waren. Diese Mädchen seien bislang spurlos verschwund­en.

Präsident Muhammadu Buhari kündigte an, eine vom Verteidigu­ngsministe­r und vom Außenminis­ter angeführte Delegation werde am Donnerstag nach Dapchi reisen. Die staatliche Schule in Dapchi besuchen Mädchen ab dem Alter von elf Jahren. Yobe ist einer von drei Bundesstaa­ten, die besonders unter den Angriffen durch Boko Haram leiden. Die Terrorgrup­pe kämpft seit 2009 für die Errichtung eines islamische­n Gottesstaa­ts. In dem Konflikt wurden bisher mindestens 20 000 Menschen getötet und 2,6 Millionen in die Flucht getrieben. Immer wieder verüben die Extremiste­n Anschläge und Überfälle auf Dörfer, Kirchen und Schulen. (afp)

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