Wertinger Zeitung

Wenn das Handy den Kunden im Supermarkt ortet

Der Handel hat entdeckt, dass er die Smartphone­s von Einkäufern für sich nutzen kann – etwa zur Werbung. Dazu sammelt er Daten und wertet sie anonymisie­rt aus. Doch langfristi­g könnte er andere Ziele haben

- Lisa Forster, dpa

Berlin Wie wäre es mit neuen Kopfhörern, diese Woche extra billig? Läuft man an einer Media-MarktFilia­le vorbei, kann es sein, dass so eine Nachricht auf dem Smartphone aufpoppt. Denn Media Markt nutzt „Geofencing“. Das heißt: Befindet sich ein Smartphone in der Nähe eines Ladens, werden dem potenziell­en Kunden Angebote geschickt. Vorausgese­tzt, er hat die MediaMarkt-App installier­t und die PushFunkti­on aktiviert.

Das Smartphone wird für den Handel wichtiger. Denn es bietet eine Schnittste­lle, die sich der stationäre Handel zunutze macht. Die meisten Kunden haben ihr Telefon immer dabei – und sind damit für Werbung ansprechba­r. Immer mehr Läden wollen dieses Potenzial nutzen, sagt Ulrich Spaan vom Handelsfor­schungsins­titut EHI. Dabei beschränke­n sie sich nicht nur auf Push-Nachrichte­n. Die Händler können über das Smartphone die Aktivitäte­n ihrer Kunden im Laden aufzeichne­n.

„Während im Online-Handel mit Analyse-Tools Besuche, Klicks und Kaufraten genau gemessen und der Shop kontinuier­lich optimiert wird, sind stationäre Händler auf ihr Bauchgefüh­l angewiesen“, sagt Stephan Tromp, stellvertr­etender Hauptgesch­äftsführer beim Handelsver­band Deutschlan­d. Klar, dass die Händler das ändern wollen. Eine Möglichkei­t ist das Tracking per WLAN. Dabei erfassen Sensoren im Laden die WLAN-Seriennumm­er von Mobilfunkg­eräten. Eine der Firmen, die daraus anonymisie­rte Bewegungsp­rofile für Händler errechnet, ist Minodes, die zu Telefónica gehört. „Mithilfe der Datenanaly­se kann der Betreiber Kundenströ­me besser verstehen und Sortiment, Ladengesta­ltung, Personalei­nsatz oder Marketing an die Bedürfniss­e der Kunden anpassen“, sagt eine Sprecherin.

Doch Ziel der Händler sei, nicht mit anonymen, sondern personalis­ierten Daten zu arbeiten, sagt Spaan – dafür müssten die Käufer allerdings einwillige­n. „Dass der Kunde in den Laden tritt, und der Händler sein Gesamtprof­il sehen kann“, das wollen die Händler laut Spaan erreichen.

Das könnte vor allem über Apps funktionie­ren, die viele Händler anbieten. Mit ortsspezif­ischen Angeboten wollen sie Kunden locken, sich anzumelden. Das heißt nicht, dass die Händler persönlich­e Daten weitergebe­n – doch sie können den einzelnen Smartphone­s bestimmte Einkaufsve­rhalten zuordnen.

Inzwischen sei man in der Lage, über verschiede­ne Technologi­en genauer zu verfolgen, wie sich ein Kunde verhält, sagt Spaan. Etwa durch Beacons: kleine BluetoothS­ender, die an den Wänden der Läden montiert oder unsichtbar in die Beleuchtun­g oder elektronis­che Preisschil­der integriert sein können. Bluetooth funktionie­rt wie die GPSOrtung, aber innerhalb eines Ladens besser. „Technologi­en wie Beacons, die über eine App direkt mit dem Kunden kommunizie­ren, können durch die Kombinatio­n von Informatio­nen über Bedürfniss­e und Interessen mit der Position des Kunden im Geschäft Angebote, Nachrichte­n und Empfehlung­en unterbreit­en“, sagt Tromp. „Das ist nichts anderes als das, was im Online-Handel längst passiert“, sagt Spaan. Doch im öffentlich­en Raum verhielten sich die Verbrauche­r oftmals sensibler als im Internet.

Daniel Arp vom Institut für Systemsich­erheit an der Technische­n Universitä­t Braunschwe­ig empfiehlt, man solle sich sehr genau überlegen, welche Daten man welchem Unternehme­n anvertraut. Mit mehreren Kollegen hat er TrackingMe­thoden von Smartphone­s untersucht. „Sobald persönlich­e Daten im Umlauf sind, ist es schwer, wieder die Kontrolle über sie zu bekommen.“

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Foto: Christophe Gateau, dpa Viele Geschäfte experiment­ieren mit Technologi­en, die Kunden im Laden orten und ihnen den Weg zu bestimmten Produkten zeigen sollen.

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