Wenn das Handy den Kunden im Supermarkt ortet
Der Handel hat entdeckt, dass er die Smartphones von Einkäufern für sich nutzen kann – etwa zur Werbung. Dazu sammelt er Daten und wertet sie anonymisiert aus. Doch langfristig könnte er andere Ziele haben
Berlin Wie wäre es mit neuen Kopfhörern, diese Woche extra billig? Läuft man an einer Media-MarktFiliale vorbei, kann es sein, dass so eine Nachricht auf dem Smartphone aufpoppt. Denn Media Markt nutzt „Geofencing“. Das heißt: Befindet sich ein Smartphone in der Nähe eines Ladens, werden dem potenziellen Kunden Angebote geschickt. Vorausgesetzt, er hat die MediaMarkt-App installiert und die PushFunktion aktiviert.
Das Smartphone wird für den Handel wichtiger. Denn es bietet eine Schnittstelle, die sich der stationäre Handel zunutze macht. Die meisten Kunden haben ihr Telefon immer dabei – und sind damit für Werbung ansprechbar. Immer mehr Läden wollen dieses Potenzial nutzen, sagt Ulrich Spaan vom Handelsforschungsinstitut EHI. Dabei beschränken sie sich nicht nur auf Push-Nachrichten. Die Händler können über das Smartphone die Aktivitäten ihrer Kunden im Laden aufzeichnen.
„Während im Online-Handel mit Analyse-Tools Besuche, Klicks und Kaufraten genau gemessen und der Shop kontinuierlich optimiert wird, sind stationäre Händler auf ihr Bauchgefühl angewiesen“, sagt Stephan Tromp, stellvertretender Hauptgeschäftsführer beim Handelsverband Deutschland. Klar, dass die Händler das ändern wollen. Eine Möglichkeit ist das Tracking per WLAN. Dabei erfassen Sensoren im Laden die WLAN-Seriennummer von Mobilfunkgeräten. Eine der Firmen, die daraus anonymisierte Bewegungsprofile für Händler errechnet, ist Minodes, die zu Telefónica gehört. „Mithilfe der Datenanalyse kann der Betreiber Kundenströme besser verstehen und Sortiment, Ladengestaltung, Personaleinsatz oder Marketing an die Bedürfnisse der Kunden anpassen“, sagt eine Sprecherin.
Doch Ziel der Händler sei, nicht mit anonymen, sondern personalisierten Daten zu arbeiten, sagt Spaan – dafür müssten die Käufer allerdings einwilligen. „Dass der Kunde in den Laden tritt, und der Händler sein Gesamtprofil sehen kann“, das wollen die Händler laut Spaan erreichen.
Das könnte vor allem über Apps funktionieren, die viele Händler anbieten. Mit ortsspezifischen Angeboten wollen sie Kunden locken, sich anzumelden. Das heißt nicht, dass die Händler persönliche Daten weitergeben – doch sie können den einzelnen Smartphones bestimmte Einkaufsverhalten zuordnen.
Inzwischen sei man in der Lage, über verschiedene Technologien genauer zu verfolgen, wie sich ein Kunde verhält, sagt Spaan. Etwa durch Beacons: kleine BluetoothSender, die an den Wänden der Läden montiert oder unsichtbar in die Beleuchtung oder elektronische Preisschilder integriert sein können. Bluetooth funktioniert wie die GPSOrtung, aber innerhalb eines Ladens besser. „Technologien wie Beacons, die über eine App direkt mit dem Kunden kommunizieren, können durch die Kombination von Informationen über Bedürfnisse und Interessen mit der Position des Kunden im Geschäft Angebote, Nachrichten und Empfehlungen unterbreiten“, sagt Tromp. „Das ist nichts anderes als das, was im Online-Handel längst passiert“, sagt Spaan. Doch im öffentlichen Raum verhielten sich die Verbraucher oftmals sensibler als im Internet.
Daniel Arp vom Institut für Systemsicherheit an der Technischen Universität Braunschweig empfiehlt, man solle sich sehr genau überlegen, welche Daten man welchem Unternehmen anvertraut. Mit mehreren Kollegen hat er TrackingMethoden von Smartphones untersucht. „Sobald persönliche Daten im Umlauf sind, ist es schwer, wieder die Kontrolle über sie zu bekommen.“