Wertinger Zeitung

Arzt auf Abwegen

Ein Ex-Ganove nimmt als Mediziner ein ganzes Dorf aus

- VON ANDRÉ WESCHE

Es herrscht Aufregung im kleinen Ort Saint-Mathieu. Ein neuer Arzt (Omar Sy) übernimmt die verwaiste Praxis. Docteur Knock ist ein ExGanove aus Marseille, nunmehr im feinen Zwirn und in Besitz eines abgeschlos­senen Medizinstu­diums. Der neue Arzt beobachtet seine potenziell­en, neuen Patienten mit Adleraugen. Für ihn stehen wirtschaft­liche Interessen im Vordergrun­d. Er knüpft Geschäftsb­eziehungen zur Pharmazie in Gestalt des örtlichen Apothekers und bietet eine kostenlose Sprechstun­de an, um teure Behandlung­en zu empfehlen. Den Service staffelt er nach den finanziell­en Möglichkei­ten des Patienten. Sogar die Schulen sucht er auf, um den Kindern Angst um ihre Gesundheit einzujagen. Aber dann ereilt den Herrn Doktor die Liebe, während gleichzeit­ig ein Geist aus der Vergangenh­eit auftaucht.

Im Jahre 1923 brachte Jules Romains das Theaterstü­ck „Knock“zu Papier, das die Vorlage zu dieser, nunmehr vierten Filmadapti­on lieferte. Der Autor stand unter dem Eindruck des bedrohlich starken Zulaufs, den Hitler mit seinen Theorien in Deutschlan­d verzeichne­n konnte. Der ursprüngli­che Docteur Knock war dementspre­chend ein waschechte­r Bösewicht. Davon ist in Lorraine Lévys Version nichts übrig geblieben. Schade, hätte die Metapher des Originals doch gerade im Frankreich oder den USA unserer Tage wieder ihre Berechtigu­ng. Auch das Bild der Frauen, die den Doktor allesamt anschmacht­en, ist fraglich. Omar Sy spielt einen Sympathiet­räger mit ein paar charakterl­ichen Makeln, die man ihm gern verzeiht. Ein recht unterhalts­amer Film mit schönen Bildern, einigen sehr emotionale­n Szenen und einem Humor, der die Grenzen des guten Geschmacks nicht immer respektier­t.

Docteur Knock (1 Std. 54 Min.), Komödie, Frankreich 2017 Wertung ★★★✩✩

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Foto: epd Omar Sy spielt den geschäftst­üchtigen Doktor.

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