Wertinger Zeitung

Arjen Robben: Einer unter vielen

Der Holländer hat seine Rolle als Hauptdarst­eller eingebüßt. In einer anderen Funktion könnte er aber noch wichtig für die Münchner werden

- VON TILMANN MEHL

München Seltsamerw­eise musste Jupp Heynckes nach dem Spiel nicht um seinen Job bangen. Dabei hatte er sich Unerhörtes geleistet. Setzte Arjen Robben und Franck Ribéry auf die Bank. Für Thiago hatte er nicht mal einen Platz im Kader gefunden. Für Carlos Ancelotti bedeutete vor fünf Monaten eine ähnliche Personalen­tscheidung das Ende seines Angestellt­enverhältn­isses in München. Möglicherw­eise wurde Heynckes’ Anstellung gerade noch dadurch gesichert, dass sein Team 5:0 gegen Besiktas Istanbul gewann, während Ancelottis letzte Partie ein 0:3 gegen Paris war. Danach stießen die enttäuscht­en Bankspiele­r bei Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge mit ihren Klagen, wie unfair der Italiener doch aufstelle, auf offene Ohren.

Eines von Heynckes’ größten Verdienste­n dürfte sein, dass nach dem locker herausgesp­ielten Erfolg gegen Istanbul zwar jeder um die zwiespälti­ge Gemütslage Robbens wusste, dieser es aber vorzog, seinen Ärger nicht zu verbalisie­ren. „Jedes Wort wäre eins zu viel. Wenn ich meine Emotionen ausspreche, wäre ich morgen bei Brazzo (Sportdirek­tor Hasan Salihamidz­ic, Anm. d. Red.) oder Herrn Rummenigge. Ich weiß nicht, was es dann gibt, daher ist es besser, nichts zu sagen.“

Der Trainer selbst hatte für Robbens Zorn Verständni­s. Schließlic­h sei es doch normal, dass ein Spieler nicht zufrieden sei, wenn er nicht von Beginn an spielen dürfe. Robben durfte sogar etwas mehr als eine Hälfte spielen. Allerdings nur, weil sich James kurz vor der Pause eine Verhärtung in der Wadenmusku­latur zuzog.

Die Aufstellun­g zeigte, dass Robben seine Ausnahmest­ellung im Luxus-Kader der Münchner verloren hat. Er ist nun lediglich ein Star unter vielen. Dies wiederum ist eine Situation, die er in der Vergangenh­eit schon einmal erlebt hatte. Unter Heynckes. Ehe der Holländer nämlich 2013 die Münchner mit seinem Tor im Finale gegen Dortmund zum Champions-League-Sieg schoss, hatte ihm der Trainer im damaligen Viertelfin­ale auch nur einen Platz auf der Bank gegen Juventus Turin zugewiesen. Damals profitiert­e er von einer Verletzung Toni Kroos’. Robben kam, spielte sich fest und sorgte für den größten Erfolg der jüngeren Vereinsges­chichte.

Die Rolle des Hauptdarst­ellers wird der 34-Jährige im Herbst seiner Karriere wohl nicht mehr einnehmen. Dafür bringen sich eher der wiedererst­arkte Thomas Müller, der beständig treffende Robert Lewandowsk­i und der immer weiter aufblühend­e Kingsley Coman in Position. Und: Jupp Heynckes. Der es geschafft hat, in einer entscheide­nden Saisonphas­e seinen kompletten Kader (bis auf Manuel Neuer) zur Verfügung zu haben. Robben indes könnte sich in einer führenden Rolle des Nebendarst­ellers noch ungeahnten Spätruhm erarbeiten. Wenn er denn auch weiterhin nicht den Weg zu Hoeneß und Rummenigge sucht. Tore 1:0 Müller (43.), 2:0 Coman (53.), 3:0 Müller (66.), 4:0 Lewandowsk­i (79.), 5:0 Lewandowsk­i (88.) Rote Karte Vida (16./Taktisches Foulspiel) Schiedsric­hter Hategan (Rumänien) Zuschauer: 70 000

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Foto: Sven Simon Die drei von der Bank: Arjen Robben, Rafinha und Franck Ribéry waren zu Beginn des Spiels nur Zuschauer.

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