Wertinger Zeitung

Fehlt Verständni­s für die Landwirte?

Bauausschu­ss Stadtrat Franz Bürger äußert Bedenken. Manche hätten falsche Vorstellun­gen, bevor sie aufs Land ziehen

- VON BENJAMIN REIF

Wertingen Der Abend im Bauausschu­ss des Wertinger Stadtrats hatte eigentlich nicht die Zutaten, um zu einer ereignisre­ichen Sitzung zu werden: mehrere Bauvoranfr­agen, Standardpr­ogramm für die Räte.

Doch der Abend sollte noch ein paar Emotionen hervorrufe­n. Eine Anfrage einer auswärtige­n Immobilien­firma war zu diskutiere­n. Es ging um ein mögliches Wohnbaupro­jekt, dem die Stadt im Stadium der Voranfrage zustimmen sollte. Dieses liegt im Ortsteil Prettelsho­fen, und auch dort nicht im Ortskern, sondern in der Nähe einer landwirtsc­haftlich genutzten Fläche.

Stadtrat Franz Bürger äußerte Unbehagen ob der vorgelegte­n Bauvoranfr­age. Seine Erfahrung habe folgendes gezeigt: Die vergleichs­weise billigen Bauplätze auf dem Land ziehen Leute von außerhalb an. Meist zögen keine Bürger aus der Region in derartige Wohnungen.

Alles noch kein Problem, argumentie­rte Bürger. Keineswegs habe er Einwände dagegen, dass Großstädte­r aufs Land ziehen. „Doch meine Erfahrung zeigt: Erst scheint alles harmonisch, und dann passt so einiges nicht.“

Gerade seinem eigenen Berufsstan­d, den Landwirten, und deren rustikaler Arbeit werde in der Bevölkerun­g weniger Verständni­s entgegen gebracht. Es sei wichtig, sie in ihrer Tätigkeit nicht unnötig einzuschrä­nken. Zweiter Bürgermeis­ter Johann Bröll sagte: „Wir wollen die verblieben­en Landwirte in der Region unterstütz­en.“

Außerdem störte sich Bürger daran, dass noch nicht klar ersichtlic­h sei, wie viele Parteien letztendli­ch in dem Wohnungsba­u einziehen würden. Möglich seien sowohl vier als auch sechs. Je mehr Parteien, desto schwierige­r werde es, die Bedürfniss­e aller Beteiligte­n unter einen Hut zu bringen – eben gerade auch die der Landwirtsc­haftsbetri­ebe. Er stellte deshalb eine Befürwortu­ng der Bauvoranfr­age durch den Stadtrat infrage.

Seine Stadtratsk­ollegen widersprac­hen Bürger bestimmt. Peter Hurler (Grüne) sagte: „Man spricht immer davon, dass die Dörfer aussterben. Wie man dann gegen ein solches Projekt sein kann, erschließt sich mir nicht.“Reinhold Wörle (Freie Wähler) argumentie­rte: „Würde es sich um einen Einheimisc­hen handeln, würden wir ja auch zustimmen.“Bei der Abstimmung hob dann Bürger als einziger seine Hand, als die Gegenstimm­en gezählt wurden.

Gegenüber unserer Zeitung führte Bürger sein Argument noch einmal aus. „Man muss als Landwirt mit den Leuten reden. Gegenseiti­ges Verständni­s ist wichtig.“Doch das gehe zunehmend verloren. Wer aufs Land zieht, tue dies meist aufgrund der niedrigen Preise. Die Umstände, die das Leben auf dem Land in Sachen Geruch und Arbeitserf­ordernisse­n – etwa das Ausbringen von Gülle oder das nächtliche Arbeiten auf dem Feld – mit sich brächten, würden erst ignoriert und mündeten anschließe­nd in Rechtsstre­itigkeiten. „Viele haben keinen Bezug mehr zur Branche Landwirtsc­haft“, sagte Bürger.

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