Hier türmen sich die Sorgen der Entsorger
Dem verloren gegangenen Gemüseschäler auf der Spur: Warum ausgerechnet Metalldetektoren helfen sollen, Plastik und andere „Störstoffe“aus den braunen Tonnen zu bekommen
Landkreis Augsburg Es passiert so schnell. In der Monotonie der Küchenarbeit verschwindet der Gemüseschäler unter dem Berg der Kartoffelschalen. Und schwupps, schon landet der kleine Helfer eingeschlagen in der Zeitung von gestern in der braunen Biotonne. Ein Einzelfall. Was den Entsorgern tatsächlich Sorgen macht, ist die große Menge an Plastik, die tagtäglich im Bio-Abfall landet. Rund 2000 Tonnen kommen in einem Jahr in der Abfallverwertung Augsburg zusammen. Das entspricht etwa der Ladung von 80 Kipplastern. Weil die Disziplin beim Müllsortieren unterschiedlich ausgeprägt ist, will der Landkreis Augsburg jetzt nachhelfen: mit Metalldetektoren, die an insgesamt drei Müllfahrzeugen montiert sind und Alarm schlagen. Allerdings: Auf Plastik reagieren die Müllspione nicht.
Trotzdem gibt es einen Zusammenhang zwischen Metall – das übrigens auch in bedampften Folien von Verpackungen stecken kann – und Plastik. Untersucht worden sei er vor Jahren von der Uni Tübingen, berichtet Umwelttechniker Hans-Jürgen Fabris, der mit seinem Geschäftspartner Hans J. Maier die Detektortechnik anbietet. Bei der wissenschaftlichen Untersuchung habe sich herausgestellt, dass in Tonnen mit Metallresten auch Plastik steckte. „Das alles hat sich in der Praxis bestätigt“, sagt Fabris. Beispiel Bad Kreuznach: Dort war der Biomüll lange Zeit stark mit Fremdstoffen verschmutzt. Dann wurden 2007 sechs Müllfahrzeuge mit dem Spürsystem ausgestattet. Innerhalb kurzer Zeit habe sich die Kompostqualität erhöht. Der dortige Abfallwirtschaftsbetrieb bestätigte Fabris, dass sich die Trennmoral der Bürger verbessert habe – nachhaltig.
Es gibt auch kritische Stimmen. Bei der Abfallverwertungsgesellschaft des Landkreises Ludwigsburg beispielsweise, wo die Technik ebenfalls eingesetzt wurde. Dort hieß es 2014 in einer Bilanz: Wie viele Störstoffe in der Tonne sind, könne der Detektor nicht erkennen. Er schlage bei einem einzelnen Küchenmesser in der Braunen Tonne genauso an, wie wenn diese komplett falsch befüllt sei. Landrat Rainer Haas sagte damals: „Das Ding bringt nichts.“Unternehmer HansJürgen Fabris hält dagegen: Durch die psychologische Wirkung der Prüfung sortierten die meisten Bürger nicht nur „ordentlich“, sondern „sehr gut“. Stichprobenartig soll jetzt auch im Landkreis Augsburg nach den Störstoffen gesucht werden. Drei Müllfahrzeuge werden dafür mit Detektoren ausgestattet. „Das Übel soll an der Wurzel gepackt werden“, sagt Dieter Braun von der Abfallverwertung Augsburg. Er zeigt, wie der Biomüll, aus dem Biogas, Kompost und Flüssigdünger werden, ankommt.
Am hinteren Ende der Halle, die die Größe eines Handballspielfelds hat, liegt ein braun-grüner Haufen. Das sind die Bio-Abfälle von zwei Tagen. Verschimmelte Mandarinen, faulige Äpfel, zerquetschte Tomaten, Bananenschalen und Tannenzweige, die die Reste der letzten Adventskränze sein könnten. Überwiegend Küchenabfälle dampfen leicht süßlich vor sich hin, denn der Grünschnitt von Bäumen, Sträu- chern und Blumen aus dem Garten fehlt. Dazwischen deutlich zu erkennen: Plastiktüten und Verpackungsmüll. Hier ein Tetra-Pack, in dem Orangensaft abgefüllt war. Dort ein Beutel mit vollen Windeln. Das ist Alltag beim Entsorger, der für die Abfuhr im Großraum Augsburg verantwortlich ist. „Manche Leute glauben wirklich, dass Windeln biologisch abbaubar sind“, sagt Mitarbeiter Leonhard Held. Er schüttelt den Kopf, um im nächsten Augenblick auf eine Metalldose zwischen Kartoffelschalen zu zeigen. Auch sie hat nichts im Biomüll verloren. Was sie allerdings vom Plastik, das nicht komplett ausgesiebt werden kann, unterscheidet: Der Metallschrott kann mit einem magnetischen Band relativ gut aussortiert werden. Im Sekundentakt purzeln Nägel, Schrauben und Kronkorken in einen Handschubwagen. Auch schwere Möbelbeschläge finden sich in dem glänzenden Haufen. Und Messer, Gabeln, Löffel sowie der ein oder andere Gemüseschäler.