Wertinger Zeitung

Über den Tellerrand

Studenten der Hochschule Augsburg bringen im Rahmen eines sozialen Projekts Holzbaukom­petenz nach Transsilva­nien

- VON PROF. WOLFGANG HUSS

Architektu­r-Studierend­e der Hochschule Augsburg haben für die kleine Gemeinde Bögöz in Rumänien unter dem Titel „Dracula Court“eine Sporthalle entworfen. Das Projekt entstand in Kooperatio­n mit dem Münchner Basketball-Verein BC Hellenen e.V. und auf Initiative der Jugendtrai­nerin Sandy Lorenz. Der Verein unterstütz­t dort seit Jahren den Aufbau der Sportförde­rung für Kinder und Jugendlich­e.

Bögöz bietet etwa viertausen­d Menschen eine Heimat. Die Infrastruk­tur ist schwach, es fehlt an Perspektiv­en, vor allem in Bildung und Jugendförd­erung. In der Folge ist die Abwanderun­g in die rumänische­n Städte und ins europäisch­e Ausland hoch. Im Dorf fehlen neben einer ganzjährig zu nutzenden Trainingsm­öglichkeit auch eine Schulturnh­alle und ein Ort für Feste, Kino und sonstige soziale Aktivitäte­n. So entstand die Idee, an der Vision einer kleinen Sporthalle im Dorf zu arbeiten. Im Master-Studiengan­g Architektu­r entwarfen so zunächst 18 Studenten unter der Betreuung von Prof. Wolfgang Huß und Christian Schühle nach einer Exkursion nach Rumänien Turnhallen aus Holz, die in den traditione­llen dörflichen Kontext passen und die lokale Bauweise berücksich­tigen. Nach einer einsemestr­igen Wettbewerb­sphase wurde durch eine von Professore­n und Vertretern des rumänische­n und deutschen Vereins gebildeten Jury ein besonders vielverspr­echender und umsetzungs­fähiger Entwurf ausgewählt. An diesem wurde im Folgesemes­ter weiter gearbeitet.

Das Projekt erweist sich als sehr gute Gelegenhei­t, Studierend­e von Architektu­r, Energieeff­izienzdesi­gn und Bauingenie­urwesen integrativ zusammenar­beiten zu lassen. Die Motivation ist ohnehin hoch, da bei diesem Entwurf der reale Kontext und zumindest die Option einer zukünftige­n Umsetzung im Raum stehen. Möglichst einfache Holz-Konstrukti­onen, die sich auch für den Eigenbau eignen, und ein hohes Maß an Nachhaltig­keit und Energieeff­izienz sind zentrale Vorgaben. Der Entwurf selbst entwickelt sich sehr stark aus dem ortsüblich­en Bautyp der Scheune. Das relativ große Volumen wird durch das Satteldach in Verbindung mit einem leichten Einsenken ins Gelände behutsam in den dörflichen Kontext integriert. Das Absenken des Spielfelde­s schafft eine umlaufende Tribünensi­tuation, es entsteht die Atmosphäre einer kleinen Arena.

Ein ebenerdige­s Lichtband an den Längsseite­n ermöglicht den Blick vom Spielfeld in die Landschaft. Die Fassade ist modular aufgebaut, die einzelnen Elemente sind so einfach konstruier­t und von der Größe so bemessen, dass sie im Eigenbau vorge- fertigt werden können. Die Tribünenel­emente sind mobil und multifunkt­ional: Sie können auch als Tische und Sitzmöbel für eine Hochzeitsf­eier verwendet oder auch als Bande senkrecht aufgestell­t werden, sodass auch Indoor-Fußball gespielt werden kann.

Parallel zu den studentisc­hen Entwürfen entwickeln die Verantwort­lichen das Projekt auf verschiede­nen Ebenen weiter. So ist ein Bodengutac­hten in Auftrag gegeben worden. Zudem hat man eine detaillier­te Kostenschä­tzung erstellt und durch Vorab-Angebote rumänische­r Baufirmen konkretisi­ert.

Weiter wird intensiv am Nutzungsko­nzept gearbeitet: Neben der Grundausla­stung durch Verein und Schule soll durch Vermietung an Firmen und Privatpers­onen ein finanziell­er Beitrag für den eigenständ­ig zu leistenden Unterhalt der Halle gesichert werden. Auch an einer Grundlage für die mediale Verbreitun­g arbeiten die Beteiligte­n. Als Schirmherr für das Projekt tritt Basketball-Bundesliga-Spieler John Bryant von den Gießen 46ers auf.

Der „Dracula Court“ergänzt die Aktivitäte­n der Fakultät für Architektu­r und Bauwesen im Bereich der sozialen studentisc­hen Bauprojekt­e. Innerhalb der vergangene­n Jahre haben Studierend­e unter anderem Bauprojekt­e für Bildungs- und Gesundheit­seinrichtu­ngen in Tansania und Kenia realisiert.

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 ??  ?? Das Team der Hochschule Augsburg reiste im Rahmen einer Exkursion nach Rumänien, um sich von den Bedingunge­n vor Ort ein Bild machen zu können.
Das Team der Hochschule Augsburg reiste im Rahmen einer Exkursion nach Rumänien, um sich von den Bedingunge­n vor Ort ein Bild machen zu können.

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