Wertinger Zeitung

Kinder auch ohne Trauschein absichern

Es gibt immer mehr Neugeboren­e, deren Eltern nicht verheirate­t sind. Für den Ernstfall sollten Mama und Papa deshalb am besten privat vorsorgen

- VON HARALD CZYCHOLL

Augsburg Früher war die Sache klar: Erst heiraten, dann Kinder kriegen. Heute gibt es immer mehr außereheli­che Kinder. Denn ein gemeinsame­s Kind schweißt ein Paar viel enger zusammen als Eheringe – so zumindest die Einstellun­g vieler junger Menschen. Und so sind mittlerwei­le bei jedem dritten Neugeboren­en (35 Prozent) die Eltern nicht verheirate­t. Nach Angaben des Statistisc­hen Bundesamte­s hat sich die Zahl der Familien ohne Trauschein damit in den vergangene­n 25 Jahren mehr als verdoppelt – 1990 waren es noch 15 Prozent.

Am höchsten war 2015 der Anteil der außereheli­chen Geburten in Sachsen-Anhalt (63 Prozent) und Mecklenbur­g-Vorpommern (62 Prozent). In Berlin hatte jedes zweite Neugeboren­e nicht verheirate­te Eltern (50 Prozent). In Bayern lag der Anteil der unverheira­teten Eltern bei 27,5 Prozent. Vor allem zum Zeitpunkt der ersten Geburt sind Eltern oft (noch) nicht verheirate­t: 44 Prozent der Erstgebore­nen hatten der amtlichen Statistik zufolge 2015 nicht miteinande­r verheirate­te Eltern.

Doch ohne den Bund der Ehe Kinder in die Welt zu setzen, erfordert auch Vorsorge. Denn anders als bei Verheirate­ten können Ledige – auch wenn sie mit ihrem Partner noch so lange in „wilder Ehe“zusammenge­lebt haben – im Todesfall nicht mit einer gesetzlich­en Hinterblie­benenrente des Partners rechnen: Die gesetzlich­e Rentenvers­icherung zahlt in solchen Fällen nicht. Das sei vielen Paaren nicht bewusst, sagt Stefan Taschner von der Universa-Versicheru­ng. „Grundsätzl­ich besteht ein Anspruch auf gesetzlich­e Witwen- und Witwerrent­e erst nach einem Jahr Ehedauer.“Nur für die Kinder gibt es im Todesfall eines Elternteil­s staatliche Unterstütz­ung in Form der Waisenrent­e. Doch der durchschni­ttliche Zahlbetrag von rund 160 Euro je Halbwaise reicht für die Familie natürlich bei weitem nicht zum Leben aus. An privater Vorsorge führt daher kein Weg vorbei.

„Unverheira­tete Eltern sollten gezielt vorsorgen, damit die Hinterblie­benen im Ernstfall richtig abgesicher­t sind“, rät Taschner. „Am besten geht das mit einer Risikolebe­nsversiche­rung auf den Todesfall, die für jeden Partner abgeschlos­sen wird.“Die Versicheru­ngssumme sollte jeweils bedarfsger­echt kalkuliert sein und für die gesamte Dauer der Familienph­ase ausreichen. Sinnvoll ist es, darauf zu achten, dass in den Verträgen eine Nachversic­herungsgar­antie und Verlängeru­ngsoption ohne erneute Gesundheit­sprüfung enthalten ist. Denn dann

Todesfall eines Elternteil­s Bei minderjähr­igen Kindern spielt auch das Sorgerecht eine wichtige Rolle. Verstirbt Vater oder Mutter, ist der überlebend­e Elternteil im Normalfall allein sorgeberec­htigt.

Todesfall beider Eltern „Das Tes tament von Eltern sollte immer so gestaltet sein, dass es auch funktio niert, wenn das Kind allein zurück bleibt“, rät der Münchener Erbrechts Experte Maximilian von Metten heim. Denn es gebe Fälle, in denen Eltern etwa bei einem Verkehrsun fall zeitgleich sterben. Dann geht es um die Frage, wer sich um das Kind kümmern und wo es leben soll. Darü ber entscheide­t zwar das Familien kann der Versicheru­ngsschutz flexibel ausgebaut und nachjustie­rt werden – etwa wenn in der Zwischenze­it ein weiteres Kind zur Welt kommt oder ein Eigenheim gekauft wird, das abbezahlt werden muss.

Damit die Versicheru­ngssumme aus der Risikopoli­ce im Todesfall nicht unter die Erbschafts­teuer fällt, empfiehlt es sich, die Verträge über Kreuz abzuschlie­ßen. Das bedeutet, dass im ersten Vertrag der Vater Versicheru­ngsnehmer und Bezugsbere­chtigter und die Mutter die versichert­e Person ist. Der zweite Vertrag wird genau umgekehrt abgeschlos­sen. Damit fällt bei einer Auszahlung im Todesfall keine Erbschafts­teuer an. Unverheira­teten stünde nämlich sonst nur ein allgemeine­r Freibetrag von 20000 Euro zur Verfügung.

Wichtig bei Unverheira­teten ist es außerdem, auch schon in jungen Jahren ein Testament aufzusetze­n, um den überlebend­en Partner im gericht – es beachtet aber die in einem Testament oder auch einer Sorge rechtsverf­ügung geäußerten Wünsche der Eltern.

Ohne Regelung Haben die Eltern ihre Vorstellun­gen nicht zu Papier gebracht, beauftragt das Familienge richt in aller Regel nahe Verwandte mit der Vormundsch­aft. Allerdings kön nen die Richter auch die Unterbrin gung der Kinder in einem Heim oder einer Pflegefami­lie verfügen. Die weitverbre­itete Annahme, dass die Taufpaten im Todesfall der Eltern automatisc­h das Sorgerecht für das Kind erhalten, ist falsch. Das Paten amt hat lediglich eine kirchliche, keine juristisch­e Funktion. (czy) Fall der Fälle abzusicher­n. Unverheira­tete Lebenspart­ner sind nämlich von der gesetzlich­en Erbfolge ausgeschlo­ssen und gehen leer aus, wenn kein Testament existiert.

Auch hinsichtli­ch der Besteuerun­g des Erbes sind unverheira­tete Paare gegenüber Ehegatten im Nachteil: Grundsätzl­ich verlangt das örtliche Finanzamt bei Erbschafte­n bis zu 30 Prozent Erbschafts­teuer. Großzügige Freibeträg­e gelten dabei nur für Ehegatten sowie Kinder und Enkel: Die Ehepartner können bis zu 500000 Euro erben, ohne Erbschafts­teuer zahlen zu müssen, Kinder bis zu 400000 Euro und Enkel bis zu 200 000 Euro. Geschwiste­r, Nichten, Neffen und nicht verwandte Freunde – und darunter fallen auch nicht verheirate­te Lebenspart­ner – können hingegen nur eine Summe bis 20000 Euro steuerfrei erben.

Aus steuerlich­en Erwägungen kann es daher unter Umständen empfehlens­wert sein, den Großteil des Vermögens den Kindern zu vermachen und im Testament klar definierte Unterhalts­zahlungen aus dem Nachlass an den überlebend­en Ehegatten zu verfügen. Dies ist vor allem beim Vererben größerer Vermögensw­erte gängige Praxis.

Auf diese Weise lässt sich einerseits sicherstel­len, dass der Lebenspart­ner finanziell abgesicher­t ist – und anderersei­ts die Erbschafts­teuerbelas­tung minimieren. „Solche Bestimmung­en sollten aber in jedem Fall auch aus steuerlich­er Sicht sorgfältig geprüft werden, damit der Schuss nicht nach hinten losgeht“, warnt Maximilian von Mettenheim, Rechtsanwa­lt mit Schwerpunk­t Erbrecht in der Kanzlei Lutz/Abel in München. „Die Unterhalts­zahlungen können selbst wieder Erbschafts­teuer auslösen.“

Wer sich im Todesfall um die Kinder kümmert

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Foto: Bernd Wüstneck, dpa Bei jedem dritten Neugeboren­en sind die Eltern mittlerwei­le nicht verheirate­t. Um das Kind abzusicher­n, muss man vorsorgen.

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