Ein Schafbock wird „Mister Wertingen“
Die einen sind wertvoll für die Zucht, andere schön, die nächsten selten. Bei der Versteigerung in Wertingens Schwabenhalle wechseln viele Tiere ihre Besitzer. Und die Schäfer diskutieren, beispielsweise über Gülle auf den Feldern
Wertingen Malerisch sah so mancher Schäfer in seiner traditionellen Arbeitskleidung am Samstag aus. Zum 103. Mal versteigerte die Bayerische Herdbuchgesellschaft für Schafszucht in der Wertinger Schwabenhalle die tollsten Schafböcke. Viele der anwesenden Schäfer tragen schwarze Filzhüte, feste Lederstiefel und wadenlange, schwarze Schäferhemden. In den groben Stoff sind geräumige Taschen eingenäht. Dieser bietet Stauraum für Dinge, die ein Schäfer bei der Arbeit braucht. „Wenn ein Schaf sich einen Stein eingetreten hat oder sich Matsch in dem Klauenspalt verklebt hat, hilft ein griffbereites Messer“, erklärt Wolfgang Zindath von der Bayerischen Herdbuchgesellschaft für Schafzucht. Heute verstauten die Schäfer in ihren Taschen zusätzlich Stifte, Beurteilungsbögen und Versteigerungsunterlagen in ihren Taschen.
Bitterkalt ist es, am frühen Samstagmorgen, als die ersten Schäfer und Züchter aus verschiedenen Regionen Bayerns am Parkplatz vor der Schwabenhalle ankommen. Nacheinander treiben sie ihre Schafböcke aus den speziellen Autoanhängern und über den Platz zur Halle. Mit den typischen Geräuschen für Schafe – einem lauten mäh – ziehen 33 Merinolandschafböcke, zwei Coburger Fuchsschafböcke, ein Rhönschaf und Krainer Steinschafböcke in die Halle ein. „Grundsätzlich sind nur Schafböcke mit amtstierärztlichen Bescheinigungen und Untersuchungen zu bestimmten Genkonstellationen zum Auftrieb zugelassen“, berichtet Zindath. Zusätzlich würden die Böcke vor der Versteigerung nochmals von einem Veterinär untersucht, von der Körkommission begutachtet und nach dem Gesamtbild beurteilt. Die Schafe werden gewogen, nach verschiedenen Kriterien, wie der Wolle, ihren Muskeln und dem äußeren Erscheinungsbild in verschiedene Wertklassen eingeteilt und danach beurteilt. Ein grober Wollfehler oder eine ungewöhnliche Zahnstellung, wie ein Überbiss, wirkt sich ungünstig auf die Beurteilung der Wiederkäuer aus. Auch die Leistungen von Mutter, Vater und Großeltern fließen in das Gesamtbild ein. Zwillinge seien beim Nachwuchs besser als Drillinge. Die Lämmer könnten mit je einer Zitze gesund aufwachsen, und es gebe deutlich weniger Euterverletzungen, berichtet ein Schafhalter. „Der Bock ist die halbe Herde“laute ein geflügelter Spruch, sagen die Schäfer. „Über den Bock lässt sich am meisten die Wirtschaftlichkeit beeinflussen“, erklärt Zindath.
Die Prozedur der Anmeldung und der Beurteilung dauert. Kaufinteressierte erhalten vor der Versteigerung eine Nummer. Doch bald ist der schönste Merinolandschafbock ausgemacht und wird als „Mister Wertingen“gekürt. Der Bock kommt aus der Herde von Berufsschäfer Richard Kiema aus Unterumbach. Mit seinem Sohn Johannes präsentiert er stolz seinen gekürten Bock in der Mitte der Halle vor einem Plakat der Bayerischen Herbuchgesellschaft für Schafzucht.
stehen andere Schafsböcke in verschiedenen Gattern. Interessierte schauen, begutachten und wägen ab, welcher Bock für die eigene Zucht geeignet sein könnte. In der Halle ist es laut. Züchter, professionelle Schäfer und Hobbyschäfer und Interessierte treffen sich, kennen sich und tauschen Neuigkeiten aus. Einige Schäfer stehen beieinander.
„Natürlich habe ich Angst vor dem Wolf“, betont Manfred Dörre aus dem Ostallgäu. „Der kann enormen Schaden bei meiner freilaufenden Schafsherde anrichten“berichtet ein Schäfer. Kollegen hätten bereits einen Wolf gesichtet. Die Männer sprechen auch davon, dass sich Wollverkauf heute nicht mehr lohnt und dass Landschaftspflege mit Schafsherden besser vergütet sei. Ein Hauptproblem sei in der Region die Gülle auf den Wiesen und die gestiegene Ackerpacht, berichtet Herbert Rupp aus Reatshofen.
Reisigbesen, Nuckelflaschen und Schafsglocken in verschiedenen Größen sind zu erwerben. Die Buben Jakob und Julius Kern verkaufen handgeschnitzte Schäferstecken aus Schwarzdorn, mit dem typischen Haken am unteren Ende. „Damit kann man gut Schafe am Fuß einfangen“, berichten sie. Ihr Opa, Georg Lang, habe die Stöcke gefertigt, dieser habe das nötige Holz aus der Erde ausgegraben und die Stöcke geschnitzt, erzählen seine Enkel stolz.
Dann endlich heißt es „zum Ersten, zum Zweiten und zum Dritten“. Die Versteigerung geht los. Alle strömen jetzt in die AuktionsZwischenzeitlich halle, interessierte Bieter setzen sich auf die Ränge.
Nacheinander werden die einzelnen Züchter aufgerufen. In der Mitte der Auktionshalle drehen sie mit ihren Schafböcken Schaurunden und präsentieren ihre Tiere von allen Seiten. „Bei diesem Bock bleiben keine Wünsche offen“, schallt es von der Tribüne herunter, als Kiema mit seinem Bock seine Schaurunde dreht. Der erste Bieter hebt schnell seine Karte und ruft 400 Euro, doch dabei bleibt es nicht. Sehr schnell gehen weitere Hände hoch und andere bieten mehr. Der Hammer fällt. Für 1200 Euro geht „Mister Wertingen“an Maximilian Lieb. Er nimmt den gekürten Merinobock mit in das oberbayerische Wessling für die Nachzucht seiner Herde.
Ein Merinolandschafbock macht das Rennen