Nur rechte Meinung?
Kontroverse um Autor Tellkamp geht weiter
Dresden Die Leipziger Buchmesse beginnt erst am Donnerstag, aber schon jetzt ist klar, dass es dabei auch um ein besonderes Thema gehen wird: den Umgang des Literaturbetriebes mit rechten Verlagen, rechten Autoren und dem Recht auf freie Meinungsäußerung. Wie schwer dabei eine Grenzziehung fällt, zeigt die Kontroverse um den Schriftsteller Uwe Tellkamp. Im Diskurs mit dem Lyriker Durs Grünbein hatte Tellkamp Positionen geäußert, wie sie auch von der AfD und der ausländerfeindlichen Pegida vertreten werden. Bei diesem Thema geht schon lange ein Riss quer durch die sächsische Gesellschaft und wohl auch durch die Literaten Tellkamp und Grünbein. Wohlgemerkt: Der Streit der beiden Dresdner im Kulturpalast war so geplant und im Titel der Podiumsdiskussion bereits schwarz auf weiß zu lesen: „Streitbar! Wie frei sind wir mit unseren Meinungen?“
Die Empörung setzte erst richtig ein, als der Suhrkamp-Verlag am Freitag auf die Äußerungen Tellkamps reagierte und sich auf Twitter von seinem Autor distanzierte. Der Erfolgsroman „Der Turm“war 2008 bei Suhrkamp erschienen. Bei der Debatte vor mehreren hundert Zuschauern hatte Tellkamp zu den Motiven von Flüchtlingen unter anderem gesagt: „Die meisten fliehen nicht vor Krieg und Verfolgung, sondern kommen her, um in die Sozialsysteme einzuwandern, über 95 Prozent.“
Nach dem Suhrkamp-Tweet sah sich Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer genötigt, Tellkamp zur Seite zu springen. Der Schriftsteller, sagte der CDU-Politiker, sei ihm als kritische Stimme willkommen. Der Regierungschef wünscht sich eine Diskussion in der Sache und warnt: „Wenn ein Streitgespräch zur Verurteilung einer Person führt, darf man sich nicht wundern, wenn keine offene Debatte mehr geführt wird.“Sachsens Kunstministerin Eva-Maria Stange sieht das mit dem sachlichen Diskurs im Fall Tellkamp anders. Die SPD-Politikerin gesteht dem Autor zwar seine „Privatmeinung“zu, stellt aber klar: „Verallgemeinerungen dieser Art geben denen Futter, die mit ausländerfeindlichen Parolen das gesellschaftliche Klima vergiften.“(dpa)