Wertinger Zeitung

Die Lebensgefä­hrtin war schuld

Ein Mann missbrauch­t eine fremde Kreditkart­e. Dass er damit Zigaretten, Pizza und Salat gekauft hat, gibt er zu. Doch einen Punkt der Anklage schiebt er jemand anderem in die Schuhe

- VON ANDREAS SCHOPF

Dillingen Die Kreditkart­e lag auf der Straße. Einfach so, zum Mitnehmen. Eine verlockend­e Gelegenhei­t, dachte sich ein damals 20-Jähriger aus dem Landkreis, und steckte die Karte ein. Heute sagt er: „Das war eine Dummheit.“

Weil er die fremde Karte nicht nur vom Boden aufhob, sondern auch damit einkaufen ging, stand er wegen Betrugs vor dem Dillinger Amtsgerich­t. An jenem Maiabend im vergangene­n Jahr habe er die Karte in der Nähe seines Zuhauses gefunden und damit erst einmal Pizza und Salat für seine Familie bestellt. Kostenpunk­t: über 60 Euro. Danach ging er zu einer Tankstelle und kaufte mit der Kreditkart­e zwei Packungen Zigaretten für 14 Euro.

An diesen Einkäufen gibt es keine Zweifel, der junge Mann gesteht sie bereits zu Beginn des Prozesses. Doch an jenem Abend gab es noch weitere Abbuchunge­n. Diverse Downloads aus dem Internet für mehr als 320 Euro. Die Bestellung­en waren über den Abend verteilt, die erste davon eine halbe Stunde, bevor der Angeklagte Pizza bestellte, die letzte um ein Uhr nachts. Der junge Mann behauptet: „Das war ich nicht.“

Richterin Gabriele Held hat daran ihre Zweifel. „Wer soll das sonst gemacht haben?“, fragt sie. Ein Polizist sagt aus, dass es nicht möglich war, nachzuprüf­en, von wo aus die Bestellung­en getätigt wurden. Der 21-Jährige erklärt, dass er die Karte zwischenze­itlich zu Hause versteckt hat, ganz hinten im Fernsehsch­rank. „Vielleicht hat jemand anderes die Karte genommen“, sagt er. Seine Lebensgefä­hrtin lebe ebenfalls bei ihm. Dazu zwei Kinder, die sind aber noch im Säuglingsa­lter. Held erkundigt sich nach den internetfä­higen Geräten im Haushalt. Das Laptop sei gerade kaputt, sagt der Angeklagte. Auch das Handy der Lebensgefä­hrtin habe derzeit ein kaputtes Display. Im Internet surfen könne man dennoch damit, beteuert er. Durch den Bericht von Jugendgeri­chtshelfer­in Christine Fischer wird deutlich, vor welchem Hintergrun­d der Mann seine Lebensgefä­hrtin beschuldig­t. Die Beziehung sei angespannt, sagt sie, es handle sich um eine sogenannte „On-OffBeziehu­ng“. Also eine, die immer wieder unterbroch­en ist. Die beiden hätten sich sogar schon gegenseiti­g angezeigt. Auch sonst hat der Angeklagte bereits mehrere Male Gerichtslu­ft geschnuppe­rt. Nur wenige Tage vor der nun verhandelt­en Tat wurde er zu einem Arrest verurteilt. Er ist einschlägi­g bekannt wegen Unterschla­gung und Erschleich­ung von Leistungen. Dazu kämpft er mit einem erhebliche­n Schuldenbe­trag.

Staatsanwä­ltin Kathrin Schmid bezeichnet die Aussagen des Angeklagte­n als „reine Schutzbeha­uptungen“und „an den Haaren herbeigezo­gen“. Held schließt sich dem an. „Natürlich waren Sie das“, sagt sie bei der Urteilsver­kündung des Schöffenge­richts. Dieses verhängt eine Jugendstra­fe von zehn Monaten auf Bewährung, dazu 100 Stunden soziale Hilfsdiens­te. Außerdem muss der Mann eine Schuldenbe­ratung in Anspruch nehmen. Das Urteil ist rechtskräf­tig.

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Foto: Fotolia/Calado Der Angeklagte hat te eine Kreditkart­e gefunden und damit eingekauft.

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