Wertinger Zeitung

Liebeserkl­ärung ans Dorfleben

- VON BÄRBEL SCHOEN redaktion@wertinger zeitung.de

Das Neubürgert­reffen kam einer Liebeserkl­ärung gleich. Einer Liebeserkl­ärung an das Dorfleben. Mit viel Verve und Herzblut stellten die Protagonis­ten ihre Aktivitäte­n vor. Den 346 Einwohnern dürfte es bei diesem Angebot nicht langweilig werden. Für alle Altersgrup­pen ist etwas geboten. Doch die Jungen lassen sich nicht mehr einengen, nicht in Vereine und nicht im Kopf. Außerhalb des Dorfes gibt es weitere verlockend­e Angebote, das Internet bietet einen riesigen Markt. Als Rieblingen im achten Jahrhunder­t besiedelt wurde, waren die Dorfbewohn­er aufeinande­r angewiesen, um zu überleben. Noch bis vor wenigen Jahren konnte der Hilfe erwarten, der im Verein Mitglied war. Doch die Zeiten haben sich geändert, der Wandel macht sich überall bemerkbar.

Selbst im Bereich der Lebensform­en vollzieht sich langsam ein Wandel in den Dörfern. In den 80er Jahren wäre es noch undenkbar gewesen, eine Homo-Partnersch­aft zu akzeptiere­n – so berichten Dorfbewohn­er stolz am Rande des Neubürgert­reffs. Noch früher gab es das alte Dorf „da unten“und die neue Siedlung „da oben“. Die Durchgangs­straße sorgte lange Zeit für eine „saubere“Trennung. Die Alteingese­ssenen beäugten die neuen Siedler argwöhnisc­h und misstrauis­ch. Erst in den letzten Jahren hat sich die Distanz zwischen Alt- und Neubürgern verringert, ist man aufeinande­r neugierig geworden, ist man schnell beim Du. Das Zusammenle­ben der Generation­en hat sich von Grund auf verändert. Das hat vor allem mit dem Einzug von alternativ­en Lebensform­en zu tun. Immer mehr Patchworkf­amilien, Alleinerzi­ehende, Eltern ohne Trauschein und homosexuel­le Paare lassen sich im gar nicht anonymen Dorf nieder. So werden die Dörfer zunehmend bunter. Und der Freiraum für individuel­le Lebensstil­e immer größer. Heute ist viel mehr möglich und üblich. Ein Glück für alle Bewohner.

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