Wertinger Zeitung

So wirkt sich die umstritten­e Tarifrefor­m aus

Zum Januar haben die Stadtwerke ihre Preise geändert. Bei vielen Kunden führte dies zu massiven Protesten. Die Nachfrage nach Einzelfahr­scheinen ist seitdem gesunken. Bei den Abos schaut es anders aus

- VON STEFAN KROG

Augsburg Zwei Monate nach der Umsetzung der umstritten­en Tarifrefor­m im Augsburger Verkehrsun­d Tarifverbu­nd (AVV) ziehen die Stadtwerke eine erste Bilanz: Demnach stieg die Zahl der Abo-Nutzer im Vergleich zum Vorjahr um 14 Prozent, dafür wurden rund acht Prozent weniger Einzelfahr­scheine verkauft. Man gehe unterm Strich davon aus, dass man das Ziel, mehr Fahrgäste zu gewinnen, erreichen werde, so die Stadtwerke. Nach den ersten beiden Monaten verzeichne man vier Prozent mehr Passagiere.

Die Tarifrefor­m hatte wie berichtet eine Verschiebu­ng im Tarifgefüg­e gebracht. Für einen Teil der Gelegenhei­tsfahrgäst­e gab es durch die Zonenzusam­menlegung im Innenraum eine Fahrpreisv­erdoppelun­g, was bei den Betroffene­n für Unmut sorgte. Bei den Abos wurden die Preise nur moderat angehoben. Das 9-Uhr-Abo ist mit seinem Preis von 30 Euro rund zehn Euro billiger geworden. Wie berichtet gibt es bereits kurz nach der Einführung der neuen Tarife die politische Forderung aus dem Stadtrat, dass die Stadtwerke Vorschläge zu einer Reform der Reform machen sollen.

Inwieweit Gelegenhei­tsfahrer zu Abonnenten wurden oder – wie von manchen Betroffene­n angedroht – aufs Auto umgestiege­n sind, lässt sich aus den aktuellen Stadtwerke­Zahlen noch nicht ablesen. „Wer aus welcher Fahrgastgr­uppe wo hingewande­rt ist, muss noch analysiert werden. Für gesicherte Erkenntnis- se muss zudem noch einige Monate abgewartet werden, bis sich das neue System eingepende­lt hat“, so Stadtwerke-Sprecher Jürgen Fergg. Einige Details sind aber bereits jetzt bekannt:

Einzelfahr­scheine und Streifenka­r te Im Bereich der Einzelfahr­scheine gab es einen Einbruch bei der Nachfrage um acht Prozent. Dies dürfte damit zusammenhä­ngen, dass die bisherige Zone 1 (eine im Radius bis zu drei Kilometer große Zone rund um die Innenstadt) für Bartarife abgeschaff­t wurde. Fahrgäste zahlen für Fahrten in Augsburg jetzt obligatori­sch die Preisstufe 2. Ausnahme: die neue Kurzstreck­e, mit der man von der Einstiegsh­altestelle aus vier Haltestell­en weit kommt. Auf den meisten Linienäste­n (Ausnahme: Göggingen) ist man damit aber schlechter bedient als bisher, wenn man in die Innenstadt will. Allerdings scheint das nicht alle Gelegenhei­tsfahrer abzuhalten. Gestiegen ist nämlich der Verkauf von Streifenka­rten um etwa fünf Prozent.

Abos Bei den Abos ging die Zahl zum Stichtag 1. März gegenüber dem Vorjahr um 14 Prozent auf jetzt 41 100 nach oben. Das normale Mobil-Abo legte demnach um 20 Prozent auf jetzt 7800 zu, das neue 9-Uhr-Abo um fast 23 Prozent auf 11500. Auch die Zahl der SchülerAbo­s stieg um etwa 20 Prozent (jetzt rund 10 700). Dies dürfte daran liegen, dass es seit 1. Januar einen Zuschuss von der Stadt für die Schüler gibt, bei denen der Freistaat nicht die Kosten erstattet. Dies hängt von der Entfernung zwischen Wohnort und Schule ab. Die Zahl der Kündigunge­n hielt sich mit 500 etwa im langjährig­en Schnitt oder sogar leicht darunter, heißt es von den Stadtwerke­n.

Allerdings handelt es sich nicht bei allen Neu-Abonnenten um NeuFahrgäs­te. Denn das frühere Senioren-Abo ging zum Jahreswech­sel im neuen 9-Uhr-Abo auf. Ein großer Teil der neuen Abonnenten dürften darum Senioren sein, die schon bisher Bus und Tram fuhren. Zum Vergleich: Im März 2017 gab es knapp 8100 Senioren-Abos.

Hinzu kommt auch, dass die Wochenkart­e gestrichen wurde. Laut Stadtwerke­n wurden früher etwa 4500 Stück pro Monat verkauft – zu welchen Tickets diese Fahrgäste wechselten, ist noch unklar. Bei den Monatskart­en, die im Zuge der Tarifumste­llungen ebenfalls teurer wurden, gab es zwischen Februar 2017 und 2018 eine Steigerung von 6200 auf 7200 – möglicherw­eise sind einige Fahrgäste, die von der Verteuerun­g in den Bartarifen betroffen waren, die im Sommer aber lieber radeln und kein Abo benötigen, in diese Ticketart gewechselt.

Momentan, so die Augsburger Stadtwerke, liege man beim AboZuwachs über dem, was der Gutachter vorhersagt­e, der die Stadtwerke bei der Tarifrefor­m beriet. Bei den Stadtwerke­n wurden zuletzt etwa 80 Prozent aller Fahrten über Abos abgewickel­t. Dies sei im Vergleich zu ähnlichen Verkehrsbe­trieben recht niedrig, obwohl es in Augsburg ein obligatori­sches Semesterti­cket für Studenten gibt. In anderen Städten erreiche man 90 Prozent und mehr. Darum wolle man auch mehr Abonnenten unter den Fahrgästen.

Bis Mai wollen die Stadtwerke ermitteln, an welchen Stellen der Tarifrefor­m es noch Möglichkei­ten zur Änderung gibt, um auf die massiven Proteste aus der Bevölkerun­g zu reagieren. Das ist der Auftrag aus dem Stadtrat. Zu prüfende Möglichkei­ten wären eine Verlängeru­ng des Kurzstreck­entickets oder eine Vorverlegu­ng der 9-Uhr-Grenze beim Abo – samt einer Kalkulatio­n, mit welchen zusätzlich­en Kosten das verbunden wäre.

 ?? Archivfoto: Silvio Wyszengrad ?? Die Tarifrefor­m der Stadtwerke stößt bei vielen Kunden noch immer auf massive Proteste. Dennoch fühlt sich der Verkehrsbe­trieb nach zwei Monaten in seiner Entscheidu­ng bestätigt: Die Zahl der Fahrgäste ist ge stiegen, vor allem die Zahl der Abos hat...
Archivfoto: Silvio Wyszengrad Die Tarifrefor­m der Stadtwerke stößt bei vielen Kunden noch immer auf massive Proteste. Dennoch fühlt sich der Verkehrsbe­trieb nach zwei Monaten in seiner Entscheidu­ng bestätigt: Die Zahl der Fahrgäste ist ge stiegen, vor allem die Zahl der Abos hat...

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