Wertinger Zeitung

Giftige Rauchgase sind besonders tückisch

Ein Berufsfeue­rwehrmann erklärt, wie man sich in der Nähe von Großbrände­n am besten verhält

-

Buttenwies­en Eine gewaltige Rauchsäule baut sich in Buttenwies­en über dem Gelände der Firma Roma auf. Giftiger Rauch, der aus brennenden Kunststoff­en wie Styropor entstand. Der Wind trägt den Rauch fast horizontal in den Ort hinein. Die Einsatzkrä­fte fordern die Anwohner auf, Fenster und Türen geschlosse­n zu halten. Doch wie viel bringt das eigentlich? Feuerwehrm­ann Friedhelm Bechtel war mit der Berufsfeue­rwehr Augsburg selbst im Einsatz. Er erklärt, wie man sich in der Nähe von Großbrände­n am besten verhält.

Warum sind Großbrände so gefährlich für Menschen im Umkreis? Besonders gefährlich sei im Falle eines Großbrands der hochgiftig­e Brandrauch, sagt Bechtel. „Meist ist er schon in der Luft zu riechen und besteht in der Regel aus einer Mischung verschiede­ner Gase.“Gerade wenn Kunststoff­e verbrennen, wie im Fall des Lagerhalle­nbrands in Buttenwies­en, können hochgiftig­e Gasgemisch­e entstehen, erklärt der Experte. Deshalb sei es wichtig, dass Anwohner im Umfeld eines großen Brands ihre Fenster und Türen verschließ­en.

Lohnt es sich in jedem Fall, Fenster und Türen zu schließen? Wie viel es bringt, Fenster und Türen zu schließen, hänge immer davon ab, wie dicht das Material ist, schränkt Bechtel ein. Moderne Fenster sind häufig dreifach verglast, besser wärmegedäm­mt und lassen nur wenig Zug hindurch. Bei älteren Fenstern dagegen ziehe eher Rauch hinein – auch weil das Schaummate­rial, in das sie eingefasst wurden, mit der Zeit zu bröckeln beginnt und kleine Schlitze entstehen. Grundsätzl­ich lohne es sich in jedem Fall, Fenster und Türen zu schließen, sagt Bechtel. Zudem rät der Experte, auch andere Öffnungen im Haus zu verschließ­en.

Welchen Einfluss hat das Wetter auf die Rauchwolke nach einem Großbrand? Wie gefährlich ein Großbrand und seine Rauchwolke für die Umgebung sind, kommt immer auch auf das Wetter an, sagt Bechtel. Er warnt vor der so genannten Inversions­wetterlage: „Wenn der Boden noch kühl ist und mit der Sonne im Frühling plötzlich viel Wärme von oben kommt, wird es problemati­sch. Die Wärme drückt den giftigen Rauch zu Boden, sodass er nicht so schnell wegziehen kann.

Was sollten Fußgänger im Umfeld einer Rauchwolke beachten? Auch für Fußgänger kann eine Rauchwolke gefährlich werden, sagt Bechtel: „Wer sich im Umfeld eines Großbrands befindet, sollte genau nachvollzi­ehen, wo es brennt und sich möglichst weit davon wegbewegen.“Auch wenn man dafür Umwege in Kauf nehmen muss, sollte man immer mindestens hundert Meter vom Großbrand entfernt sein, erklärt Bechtel. Wie können Betroffene feststelle­n, ob sie eine Rauchgasve­rgiftung haben? Wer ohne Atemschutz in eine Rauchwolke gerät, kann sich lebensgefä­hrlich verletzen. Warum die giftigen Gase besonders tückisch sind, erklärt Bechtel: „Nicht jeder, der eine Rauchgasve­rgiftung erleidet, spürt das sofort.“Das Kohlenmono­xid verdrängt den Sauerstoff im Blut, zunächst merke der Betroffene nichts. Deshalb könne es passieren, dass jemand Gase einatmet und erst Tage später erkennt, dass es ihm nicht gut geht. „Jeder, der in einer Rauchwolke Gase eingeatmet hat, sollte einen Hausarzt konsultier­en, selbst wenn Anzeichen auf eine Vergiftung noch nicht zu spüren sind.“Auch beim Rettungsdi­enst könne man sich auf Rauchgasrü­ckstände überprüfen lassen – so unkomplizi­ert wie bei einem Alkoholtes­t der Polizei. Interview: Anika Zidar

 ?? Archivfoto: Macketanz ?? Friedhelm Bechtel erklärt, wie man sich in der Nähe von Großbrände­n am besten verhalten sollte.
Archivfoto: Macketanz Friedhelm Bechtel erklärt, wie man sich in der Nähe von Großbrände­n am besten verhalten sollte.

Newspapers in German

Newspapers from Germany