Fragen zu Baumfällungen
Je nach Standpunkt werden die Pflanzen eher zu zögerlich oder vorschnell beschnitten. Nach welchen Kriterien die Experten entscheiden, erklärt Christa Marx vom Landratsamt
Wann Bäume gefällt werden dürfen – diese Frage stellten wir Christa Marx vom Landratsamt. Es stellte sich heraus, dass sie nicht so leicht zu beantworten ist.
Wertingen/Landkreis Viele Bäume wurden im Landkreis in den vergangenen Wochen gefällt oder massiv beschnitten. Eigentlich gilt durch das Bundesnaturschutzgesetz ab dem 1. März verstärkter Schutz für Bäume, um Vögel und andere Tiere wie Eichhörnchen ihre Jungen großziehen zu lassen. Doch gibt es Sonderregelungen, und so wird immer noch mancherorts die Säge angesetzt. Im ganzen Landkreis mussten in den vergangenen Wochen viele Bäume weichen.
Etwa in Wertingen: Dort war die Betroffenheit groß, als sich die Stadt entschied, drei alte Kastanien vom Gelände des Kinderhauses Sonnenschein in der Wertinger Mitte zu entfernen. Generationen von Wertingern hatten im Schatten dieser Bäume gespielt. Wer jetzt vom Marktplatz am Kindergarten vorbei zum Rathaus geht, der bemerkt diese Lücke sofort. Der Anblick schmerzt.
Bei der Erklärung der Maßnahmen wird von den Verwaltungen und Betriebshöfen meist die öffentliche Sicherheit genannt. Doch wie darf man sich den Entscheidungsprozess davor vorstellen? Und nach welchen Kriterien wird ein Baum Die Kommunen arbeiten eng mit der im Landratsamt befindlichen Unteren Naturschutzbehörde zusammen. Oberregierungsrätin Christa Marx gibt gegenüber unserer Zeitung zu dem Themenkomplex umfassend Auskunft.
Zunächst einmal dürfe man es sich laut Marx nicht so vorstellen, dass es ein landkreisweit geführtes, zentrales Baumkataster gebe, in dem die Bäume erfasst und kartografisch eingetragen sind. Den Überblick über den Baumbestand zu behalten sei – je nach Standort – die Aufgabe der Kommunen oder des Privateigentümers.
Einmal im Jahr werden Bäume im „öffentlichen Bereich“kontrolliert. Im Regelfall zumindest – je nachdem, welche Bedeutung den Kontrollen beigemessen wird, kann diese Maßnahme auch viel öfter oder nur alle drei Jahre durchgeführt werden. Eine Auswahl der Kriterien, nach denen laut Marx der Kontrollumfang beurteilt wird: Wo steht der Baum, etwa auf einem Parkplatz oder nahe eines Kindergartens? Gibt es Verkehrsaufkommen in der Nähe? Handelt es sich um Privatgrund, oder ist die Kommune verantwortlich? Und natürlich: In welchem Zustand befindet sich der Baum?
Die Kontrolle eines Baumes wird dann von Experten durchgeführt. Man braucht dafür eine besondere Ausbildung, sagt Marx. Im Regelfall werde ein Baum vom Boden aus begutachtet.
„Grundsätzlich ist die Sichtkontrolle auch bei sehr großen und hohen Bäumen vom Boden aus ausreichend“, gibt Marx Auskunft. „Ergeben sich allerdings Anzeichen, die auf eine Gefahr hinweisen, muss eine detaillierte Untersuchung erfolgen.“
Und dann kommt schließlich die Frage: Kann man einen problematischen Baum sanieren, oder muss er weg? Das hängt nicht zuletzt von seiner noch zu erwartenden Lebenszeit ab, sagt Marx. Hier spielt auch die vorherige Bewertung des Standortes eine Rolle. „Einen absterbenden Baum wie damals etwa die ‚Bavariabuche’ kann man noch lange als Lebensraum für diverse Tierarten erhalten“, sagt Marx. Allerdings muss dann ein „Gefahrenbereich“um den Baum herum ausgewiesen und abgesperrt werden. An Schulen oder Kinderbeurteilt? gärten sei dies meist nicht möglich. „Hier bleibt leider häufig nur die Entfernung des Baumes“, sagt Marx. Der Faktor „Haftung“spielt eine bedeutende Rolle bei allen Entscheidungen. Passiert durch den Baum oder abfallende Teile ein Unglück, könne dem Eigentümer des Baumes eine Schadensersatzforderung, im schlimmsten Fall sogar eine strafrechtliche Verfolgung drohen.
„Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass die Verantwortlichen hier mit großer Sorgfalt agieren“, sagt Marx. Zuweilen kommt dabei auch Hightech zum Einsatz – immer häufiger würden bei der Sichtkontrolle von Bäumen Drohnen mit Kameras verwendet, um die verzweigten Baumkronen aus der Nähe zu betrachten und das Gefahrenpotenzial zu ermitteln.
Wie die öffentliche Meinung im Landratsamt wahrgenommen wird, dazu will sich Christa Marx nicht äußern. In der Diskussion, ob eine Tendenz zu übervorsichtigem Beschneiden und Fällen von Bäumen erkennbar ist oder im Zweifel immer gefällt werden sollte, zeigt sich Marx diplomatisch-neutral. Es gebe verschiedene Meinungen – je nach persönlicher Einstellung und Betroffenheit.