Schüler brauchen Aufgaben
Monika Ullmann vom Montessori Landesverband legt einen besonderen Fokus auf die Beziehung. Was Kinder in den verschiedenen Entwicklungsstufen sonst noch benötigen
Wertingen Die jeweils spezifische Beziehung zwischen Kindern beziehungsweise Jugendlichen und Erwachsenen erläuterte Monika Ullmann , die pädagogische Vorsitzende des Montessori Landesverbandes Bayern, bei einem öffentlichen Vortrag in Wertingen. Speziell ging es dabei ums Lernen und die Persönlichkeitsentwicklung.
Die Erfahrung einer sicheren Bindung biete die Grundlage für ein offenes, neugieriges Zugehen auf alle neuen Lernfelder. Wenn bei kleinen Kindern zudem die Übergänge vom Elternhaus in die Kinderbetreuungseinrichtungen gut gelängen, dürfte es keine Schwierigkeiten in der Schule geben. Seien die Voraussetzungen nicht optimal, könne auch in der Schule noch einiges ausgeglichen werden, sofern die Schüler ein vertrauensvolles, verlässliches und entspanntes Lernklima vorfänden.
„Ohne gute Beziehung kein gutes Lernen, denn die Gefühle beim Lernprozess werden mitgelernt“, erklärte Monika Ullmann. Nachahmung und genaues Beobachten spielten in der ersten Entwicklungsstufe die größte Rolle beim Lernen. Zunehmend wichtig würde für die Kinder der zweiten Entwicklungsstufe die Begeisterungsfähigkeit der Erwachsenen. Damit könnten sie die Kinder dabei unterstützen, Zusammenhänge zu entdecken und sich die Welt logisch zu erschließen. Es gebe in dieser Lebensphase ein großes Bedürfnis, Beziehung unter den Dingen herzustellen und sich mit anderen zusammenzuschließen. Die Neugier nach dem Was, Warum und Woher aller Dinge sei ausgeprägt. „Kinder brauchen Aufgaben, aber nicht zum Erledigen, sondern um an ihnen wachsen zu können“, zitierte Monika Ullmann den Hirnforscher Gerald Hüther und bestätigt damit eine Grundüberzeugung Maria Montessoris, die ihre speziellen Lernmaterialien als „Entwicklungsmaterial“verstanden wissen wollte.
Für die Zwölf- bis 18-Jährigen der dritten Entwicklungsstufe sei das Finden der eigenen Position in sozialen Gruppen das Zentrum des Interesses: „Jugendliche wollen mit Achtung behandelt werden. Man darf nie ihre Würde verletzen, auch wenn sie sich noch nicht immer wie Erwachsene verhalten. Sie brauchen Freiheit und gleichzeitig Schutz.“
An der Montessori-Schule Wertingen würden die Jugendlichen im sogenannten „Erdkinderprojekt“ihre Kräfte erproben und die Fähigkeit zur Kooperation. Wie die Wertinger Montessorischulleiterin Beate Lahner-Ptach in der anschließenden Diskussion erklärte, machten die jungen Menschen in dieser „Schule des sozialen Lebens“die ersten Schritte ins Wirtschaftsleben der Erwachsenen, indem sie ein kleines Grundstück bewirtschaften und ein altes Häuschen renovieren. „Die noch etwas älteren Schüler haben an der Montessori-Fachoberschule Wertingen im Anschluss an die Mittlere Reife die Möglichkeit, an noch anspruchsvolleren Aufgaben zu wachsen“, sagte Heike Kahler, Leiterin der Montessori-Faschoberschule. In den drei Fachrichtungen Wirtschaft/Verwaltung, Sozialwesen und Gestaltung gingen die Elftklässler für insgesamt ein halbes Jahr in Praktikumsstellen, wo sie Erfahrungen im realen Berufsalltag machen.
Monika Ullmann fasste ihren Vortrag folgendermaßen zusammen: „Erstens brauchen Kinder Vorbilder, an denen sie sich orientieren können. Zweitens brauchen sie Aufgaben, an denen sie wachsen können. Und drittens brauchen Kinder eine Gemeinschaft, in der sie sich geborgen fühlen.“(pm)