Wertinger Zeitung

Schmeckt Milch aus Soja und Hafer?

Ernährung Zunächst haben vor allem Veganer zu den Ersatzprod­ukten gegriffen. Doch inzwischen steigt die Nachfrage. Wir erklären, wie gesund die Alternativ­en sind

- VON ANGELA STOLL

Augsburg „Milch“aus Sojapflanz­en oder Hafer, das war früher eher etwas Exotisches. Inzwischen ist die Nachfrage nach diesen Ersatzprod­ukten aber derart gestiegen, dass auch Discounter Soja-, Hafer- oder Reisdrinks anbieten. In Reformund Bioläden gibt es schon lange eine große Auswahl an veganen Milchersat­zprodukten – angefangen bei Macadamia-, über Lupinen-, bis hin zu Quinoadrin­ks. „Milch“dürfen sich diese pflanzlich­en Produkte nicht nennen – auch wenn Kunden sie gerne so bezeichnen –, denn die Pflanzendr­inks haben eine andere Zusammense­tzung als Molkereipr­odukte. Ob sie gesünder sind, lässt sich nicht so einfach sagen: „Wir sprechen nicht pauschal von gesunden oder ungesunden Lebensmitt­eln“, sagt die Ernährungs­expertin Gabriele Janthur von der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen. „Es kommt immer auf die gesamte Ernährungs­weise an.“

Entscheide­nder Nachteil gegenüber Kuhmilch ist der vergleichs­weise geringe Kalziumgeh­alt der veganen Produkte. Daher sind einige mit dem Mineralsto­ff angereiche­rt. Umgekehrt spricht für die Drinks, dass sie ausschließ­lich pflanzlich­e Fette enthalten. „Das ist günstig, weil wir in der Regel zu viele tierische Fette verzehren“, sagt Janthur. Dass man mit den Drinks leicht abnimmt, ist allerdings ein Irrtum: Der Energiegeh­alt von Soja-, Haferund Reisdrinks ist ungefähr genauso hoch wie der von fettreduzi­erter Kuhmilch (1,5 Prozent Fett).

Für wen sich welcher Drink eignet, ist unterschie­dlich: Für Veganer können Produkte mit zugesetzte­m Kalzium und Vitamin B12 sinnvoll sein. Für Zöliakie-Patienten, also Menschen mit Glutenunve­rträglichk­eit, sind Reis-, Mandel-, Hanf- oder Soja-Drinks empfehlens­wert. Wer an einer Laktoseint­oleranz leidet, kann auf Pflanzenpr­odukte aller Art zurückgrei­fen: Sie enthalten keinen Milchzucke­r.

Pflanzendr­inks bestehen größtentei­ls aus Wasser. Die geschmacks­gebende Zutat, etwa Soja oder Mandel, macht oft weniger als zehn Prozent aus. Ansonsten sind die Eigenschaf­ten der Produkte recht unterschie­dlich. „Es ist immer sinnvoll, sich die Zutatenlis­te genau anzuschaue­n“, rät die Ernährungs­wissenscha­ftlerin. Manche Getränke enthalten reichlich Zusätze, nämlich oder Fruktose, Salz, Säureregul­atoren, Stabilisat­oren und Aromen. Deshalb bezeichnet sie das Bundeszent­rum für Ernährung auch als „vergleichs­weise hochverarb­eitete Lebensmitt­el“. Wer es ganz natürlich will, kann die Ersatzprod­ukte auch selber machen. Besonders einfach geht das mit Mandelmilc­h: Dazu gibt man drei Esslöffel Mandelmus mit 500 Milliliter­n Wasser für ein paar Sekunden in den Mixer. Je nach Geschmack kann man etwas Salz oder Sirup hinzufügen – fertig.

Hier ein Überblick, wie sich die Milchalter­nativen unterschei­den:

Soja Drink Der Klassiker unter den Ersatzprod­ukten hat viele positive Eigenschaf­ten. Ernährungs­wissenscha­ftler der McGill University in Kanada kürten ihn daher bei einem Vergleich der gängigsten Pflanzenpr­odukte zum Sieger. Er enthält ungefähr genauso viel Eiweiß wie Kuhmilch, daneben sekundäre Pflanzenst­offe wie etwa Phytoöstro­gene. Diese Pflanzenho­rmone, die ähnlich wie das weibliche Sexualhorm­on Östrogen aufgebaut sind, haben nach Angaben der Deutschen Gesellscha­ft für Ernährung eher positive Wirkungen: So verbessern sie die Blutgefäßf­unktion, möglicherw­eise tragen sie auch zum Schutz vor Krebs und Herz-KreislaufK­rankheiten bei. „Soja-Milch“lässt sich außerdem problemlos aufschäume­n und gut zum Backen verwenden. Allerdings mag nicht jeder den muffigen, bohnenarti­gen Nachgeschm­ack. Ein weiterer Nachteil: Soja, eine Hülsenfruc­ht, kann leicht Allergien auslösen.

Reis Drink Der Milchersat­z enthält relativ viele Kohlenhydr­ate und schmeckt süß, hat sonst aber wenig Nährstoffe. Eiweiß ist kaum enthalten, auch der Fett- und Mineralsto­ffgehalt ist gering. Daher sind einigen Produkten Nährstoffe (Vitamine, Kalzium) zugesetzt. Interessan­t ist das glutenfrei­e Getränk vor allem für Menschen mit Glutenunve­rträglichk­eit sowie für Soja- und Milcheiwei­ß-Allergiker.

Hafer Drink Die süßliche Emulsion ist eher kalorienre­ich, aber relativ nährstoffa­rm. Der Eiweißgeha­lt ist gering. Dafür stecken in dem Getränk Ballaststo­ffe – wenn auch viel weniger als im vollen Haferkorn. Für Soja- oder Milcheiwei­ß-Allergiker ist die Alternativ­e gut geeignet. Ob man Hafer-Drinks auch ZöliaZucke­r kie-Patienten empfehlen kann, ist dagegen umstritten.

Mandel Drink Eigentlich sind Mandeln extrem gesund. Allerdings ist der Fruchtante­il bei den Drinks zum Teil gering: Bei einem bekannten Produkt beträgt er kaum mehr als zwei Prozent. Das Getränk mit der Marzipan-Note enthält relativ wenig Eiweiß und von Natur aus auch wenig Kalzium. Großer Vorteil ist sein hoher Gehalt an einfachen ungesättig­ten Fettsäuren: Sie sollen sich günstig auf den Cholesteri­nspiegel auswirken. Der Drink eignet sich für Menschen mit Zöliakie, Allergiker müssen dagegen aufpassen.

Hanf Drink Berauschen kann man sich mit dem Trunk nicht. Er wird nämlich aus den Samen von Nutzhanf hergestell­t, die botanisch als Nüsse gelten. Großes Plus ist der hohe Anteil an mehrfach ungesättig­ten Fettsäuren, vor allem Omega3-Fettsäuren. Allerdings stecken in dem Getränk natürliche­rweise wenig Kalzium und relativ wenig Eiweiß. Da Hanf kein Gluten enthält, können Zöliakie-Patienten den Drink konsumiere­n. Auch für Sojaund Milcheiwei­ß-Allergiker ist das Produkt geeignet.

 ?? Foto: coldwaterm­an, Fotolia ?? Immer mehr Menschen kaufen statt Milch Soja oder Mandel Drinks. Auch große Discounter haben die Ersatzprod­ukte im Sorti ment. Doch den Alternativ­en fehlen wichtige Nährstoffe.
Foto: coldwaterm­an, Fotolia Immer mehr Menschen kaufen statt Milch Soja oder Mandel Drinks. Auch große Discounter haben die Ersatzprod­ukte im Sorti ment. Doch den Alternativ­en fehlen wichtige Nährstoffe.

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