Im Korsett der Zeit
„Ku’damm 59“rüttelt an den biederen Moralvorstellungen der 50er Jahre
ZDF, 20.15 Uhr Ehemänner stehen über ihren Frauen, so will es das Gesetz. Und Homosexuelle landen im Gefängnis, weil Schwulsein eine Krankheit sein soll. Der Moralkodex im Nachkriegsdeutschland kannte kein Erbarmen. Wie die drei Töchter der sittenstrengen Tanzschulbesitzerin Caterina Schöllack (Claudia Michelsen) sich aus dem engen Korsett der 50er Jahre befreien wollen, zeigt der Dreiteiler „Ku’damm 59“, dessen Finale heute im ZDF um 20.15 Uhr zu sehen ist.
Eva (Emilia Schüle) führt eine frustrierende und demütigende Ehe mit dem Nervenarzt Dr. Fassbender, der sie zwischenzeitlich durch Prostitution zu entfliehen versucht. Währenddessen hat Helga (Maria Ehrich) ihrem schwulen Ehemann ein Kind geboren. Der hat sich jedoch in einen Kollegen verliebt und will sie verlassen. Helga will die bürgerliche Fassade wahren und hat sich gleichzeitig um das uneheliche Kind ihrer Schwester Monika (Sonja Gerhardt) zu kümmern. Die Aufmüpfigste der Geschwister lebt in einer ungebundenen „Rock-’n’Roll-Beziehung“mit dem Draufgänger Freddy, muss mit ihm öffentlich aber als Sehnsuchtspaar der deutschen Filmbranche herhalten.
Sägte Drehbuchautorin Annette Hess („Weissensee“) bereits im Vorgänger „Ku’damm 56“gewaltig am morschen Fundament der bürgerlichen Ordnung, bringt sie es diesmal vollends zum Einsturz. Und inmitten all der Geschichten um die Emanzipation einer neuen Generation und den Umsturz der sexuellen Verhältnisse wird Eva plötzlich auch noch bewusstlos und schwer verletzt aufgefunden. War es ihr alter Schwarm Joachim oder doch ihr eifersüchtiger Mann? Fabian Huber