Polizei ermittelt wegen illegalen Vogelhandels
Vergangene Woche wurden 150 Tiere aus Geschäftsräumen gerettet. Die meisten waren in schlechtem Zustand. Einen Fall dieser Größe gab es in der Stadt noch nicht. Veterinäre müssen jedoch immer öfter einschreiten
Augsburg Wellensittiche, Kanarienvögel und Erlenzeisige: Über 150 Vögel mussten vergangene Woche aus einem Gebäude in Oberhausen gerettet werden, wo sie ein erbärmliches Dasein fristeten. Jetzt ermittelt die Polizei. Der Eigentümer einer Vogelhandlung steht in Verdacht, einen illegalen Tierhandel aufgezogen und bei der Haltung der Vögel gegen das Tierwohl verstoßen zu haben.
Als die Geschäftsräume mit einem Durchsuchungsbeschluss kontrolliert und die Vögel beschlagnahmt wurden, fanden die Retter schlimme Zustände vor. Das geht aus einer Anfrage unserer Zeitung an die städtische Veterinärbehörde hervor. Die Tiere waren demnach in zu kleinen Käfigen untergebracht, teilweise viel zu viele in einem Gehege. 78 Vögel waren in einem schlechten Gesundheitszustand. Wie Veterinärdirektorin Dr. Felicitas Allmann im Amt für Verbraucherschutz mitteilt, wiesen sie unterschiedliche Krankheitssymptome oder Anzeichen einer tierschutzwidrigen Haltung auf – etwa kahl gerupfte Stellen, Geschwüre an den Sohlenballen oder fehlende Zehen. 16 mussten sofort zum Tierarzt gegeben werden. Zwei waren so krank, dass sie eingeschläfert werden mussten, zwei weitere starben kurze Zeit später. Die anderen wurden ins Augsburger Tierheim gebracht.
der Veterinärbehörde geht man davon aus, dass in diesem Fall ohne tierschutzrechtliche Erlaubnis mit Vögeln gehandelt wurde. Auch die Polizei ist eingeschaltet. „Die Ermittlungen stehen noch am Anfang“, sagt Polizei-Sprecher Siegfried Hartmann. Untersucht wird unter anderem, ob ein illegaler Tierhandel betrieben und gegen das Tierschutzgesetz verstoßen wurde.
Die geretteten Vögel werden im Tierheim betreut und medizinisch versorgt. Das sei extrem aufwendig, sagt der Vorsitzende des Tierschutzvereins, Heinz Paula. „Diese Notaufnahme ist für uns eine gewaltige Herausforderung.“Paula beziffert die Kosten auf sechs Euro pro Tier und Tag. Das summiert sich im auf 27 000 Euro. Falls diese Summe nicht vom Eigentümer der Vögel eingeholt werden könne, bleibe man auf den Kosten sitzen. Auch der zusätzliche Arbeitsaufwand sei immens. Die Mitarbeiterinnen im Heim ander Holzbachstraße kommen an ihre Grenzen.
Paula spricht von einer problematischen Tierhaltung in einer Größenordnung, wie er sie in Augsburg noch nicht erlebt habe. Er appelliert an Tierfreunde, keine Geschäfte mit illegalen Tierhändlern zu tätigen. „Mit dem Elend von Tieren wollen sie einen schnellen Reibach machen.“Insbesondere der illegale Handel mit Hundewelpen gilt als Markt, auf dem Millionensummen fließen. Auch für exotische ReptiBei lien, Vögel und Spinnen gibt es einen Schwarzmarkt.
Amtsveterinärin Allmann betont, dass Tiere aus illegalem Handel oft krank oder schlecht gehalten sind. Jeder Käufer solle sich das bewusst machen und die Herkunft des Tieres prüfen. „Der Preis alleine sollte nicht ausschlaggebend sein.“Der illegale Tierhandel ist offenbar auch in Augsburg auf dem Vormarsch. In den vergangenen Monaten seien mehrere Hunde ins Tierheim gebracht worden, die von den Behörden aus problematischen Haltungen beschlagnahmt wurden und bei denen der Verdacht bestehe, dass sie aus illegalem Handel kommen, sagt Mitarbeiterin Joana Müller. Insbesondere illegal importierte HundeMonat welpen sieht man beim Tierschutzverein als ein zunehmendes Problem. Die Hundebabys würden zu früh von ihren Müttern genommen, seien oft nicht geimpft und krank und wiesen Verhaltensstörungen auf, so Paula. Vor einem Jahr sorgte der Fall des kleinen Ruffy für Schlagzeilen. Der Yorkshire-Terrier war nur acht Wochen alt, als er in einer Pappschachtel neben Mülltonnen im Gewerbegebiet in Gersthofen gefunden wurde. Er wäre beinahe in Müllpresse gelandet. Es wird vermutet, dass auch er aus einem illegalen Import stammte.
Was den illegalen Tierhandel angeht, gehen Experten von einer hohen Dunkelziffer aus. Das gilt auch für Fälle, in denen Haustiere problematisch gehalten werden. Allmann zufolge kommt eine Sicherstellung von extrem vielen Tieren aus einer einzelnen Tierhaltung selten vor. Dass einzelne Hunde, Katzen oder andere Haustiere aus problematischen Haltungen sichergestellt werden müssen, passiert aber häufig. „Auch hier häufen sich die Fälle, in welchen Tierhalter nicht willens oder fähig sind, ordnungsgemäß für ihre Tiere zu sorgen. Andere haben auch gar kein Interesse mehr an ihren Tieren“, sagt sie. Die Anzahl der berechtigten Tierschutzanzeigen sei in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen. Die Anzahl der Bußgeldverfahren habe sich in den vergangenen fünf Jahren fast verdreifacht.