Trotz Krise setzt der Landkreis auf Diesel
Der Selbstzünder ist bundesweit in Verruf geraten. Zulassungszahlen zeigen jedoch: Fahrer in der Region entscheiden sich sogar vermehrt für die Antriebsart. Das könnte dahinter stecken
Dillingen Der Diesel steckt in der Krise. Abgasmanipulationen, Stickoxidbelastung, drohende Fahrverbote – in der öffentlichen Debatte ist der Selbstzünder in Verruf geraten. Autokäufer sind verunsichert, das zeigen zumindest bundesweite Statistiken. 2015, in dem Jahr, in dem die Diesel-Manipulationen bei Volkswagen bekannt wurden, war jedes zweite neu gekaufte Auto ein Diesel. Mittlerweile ist dies nicht einmal mehr jedes dritte. Dazu kommt: Gebrauchte Diesel sind immer weniger wert. Gerade dort, wo Fahrverbote drohen. Eine Untersuchung des Automarktportals mobile.de hat gezeigt: In München und Stuttgart etwa sind die Preise für solche Fahrzeuge innerhalb eines Jahres um rund 20 Prozent gefallen.
Umso verwunderlicher sind die Zahlen, die das Landratsamt Dillingen herausgibt. Die zeigen, dass der Diesel im Landkreis offenbar nach wie vor attraktiv ist. Im Vergleich zum Jahr 2015 sind sowohl absolut als auch prozentual mehr DieselFahrzeuge zugelassen. Verzeichnete das Landratsamt zum 31. Dezember 2015 noch gut 32600 Dieselfahrzeuge, waren es im März dieses Jahres rund 35 000. Zwar ist die Gesamtzahl der Fahrzeuge im Kreis gestiegen, dennoch ist auch der Anteil der Diesel-Modelle in diesem Zeitraum leicht von 34,2 auf fast 35 Prozent gewachsen. Woher kommt das?
Ein Anruf bei der Deutschen Automobil Treuhand (DAT). Das Unternehmen forscht im Bereich des Gebrauchtwagenmarktes und veröffentlicht regelmäßig ein „Diesel-Barometer“. Darin war zuletzt häufig zu lesen, dass Dieselautos immer seltener gekauft werden, weniger wert sind und länger bei den Händlern stehen bleiben. Über die Zulassungszahlen im Kreis Dillingen, die dem bundesweiten Trend entgegenstehen, kann die DAT nur mutmaßen. Siegfried Trede, Leiter der Fahrzeugbewertung, sagt: „Um die genauen Gründe herauszufinden, bräuchte man eine großflächige Umfrage.“Aber es könnte ein paar Faktoren geben. Etwa, wenn viele Einwohner pendeln und somit jede Menge Kilometer mit dem Auto zurücklegen müssen. „Dann ist es logisch, dass der Diesel attraktiv ist.“Außerdem drohen im Landkreis keine Fahrverbote, da nicht einmal eine Messstelle aufgestellt ist. Laut Landratsamt befindet sich die nächste Vorrichtung, die die Luftqualität misst, in Augsburg. „Dann gibt es für Dieselfahrer erst einmal wenig Veranlassung, auf etwas anderes umzusteigen“, sagt Trede.
Autohändler in der Region bestätigen den Zustand. „Aus unserer Sicht können wir feststellen, dass der Diesel trotz Krise weiterhin nachgefragt wird“, sagt Joachim Fellner, Geschäftsführer des Autohändlers Abel+Ruf, der auch in Dillingen ansässig ist. Derzeit beobachte man ei- nen Trend zum Austausch von Fahrzeugen mit Euro 5 oder älterer Einstufung. „Einen Trend gegen den Diesel stellen wir grundsätzlich nicht fest“, sagt Fellner.
Auch Alexander Höß, Inhaber des gleichnamigen Fahrzeughandels in Dillingen, machte die Beobachtung, dass Euro-6-Diesel bis zuletzt durchaus nachgefragt waren. Erst seit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes in Leipzig, das Ende Februar Fahrverbote in Städten für grundsätzlich zulässig erklärt hat, sei die Verunsicherung der Kunden zu spüren. Obwohl sich für sie ein Benziner nicht immer rechnet, würden Kunden seitdem vermehrt auf diese Antriebsart umsteigen. „Viele sorgen sich, mit einem Diesel nicht mehr fahren zu dürfen.“Ab Ende April will Hamburg als erste Stadt ein Diesel-Fahrverbot zumindest für eine Straße verhängen.
Walter Ohnheiser, Inhaber des gleichnamigen Autohauses in Wertingen, sieht die Situation ebenfalls differenziert. Bei Autos für den Privatgebrauch sei die Krise des Selbstzünders durchaus zu spüren. „Seit 2015 verkaufen wir in diesem Bereich etwa 20 Prozent weniger Diesel“, sagt Ohnheiser. Ungebrochen sei dagegen die Nachfrage nach gewerblichen Diesel-Fahrzeugen, etwa Transportern. „Hier gibt es bisher keine Alternative.“
Alban Faußner, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Nordschwaben, weist auf die hohen Fahrleistungen der Gewerbetreibenden hin und auf die Tatsache, dass der Umstieg auf Benzinmotoren finanzielle Einbußen bedeuten würden. Zahlen, wie sich die Fuhrparks der Firmen in der Region entwickeln, hat Faußner keine. „Angesichts der derzeit vollen Auftragsbücher ist es aber denkbar, dass Firmen in ihre Fahrzeugflotte investieren“, sagt er. Elektrische Transporter und Lastwagen seien bislang keine Alternative. Solche gibt es entweder noch nicht oder sie seien in der Praxis noch nicht einsetzbar, sagt Faußner.
Die E-Mobilität ist im Landkreis bislang nur eine Randerscheinung. Von den über 100000 zugelassenen Fahrzeugen waren Stand März 67 rein elektrisch betrieben – ein Anteil von nicht einmal 0,07 Prozent. „Die Kunden haben bislang noch Vorbehalte wegen des Preises und der Reichweite“, sagt Autohändler Ohnheiser. Anreize wie die Umweltprämie würden den Absatz jedoch steigern.
Insgesamt ist die E-Mobilität im Landkreis auf dem Vormarsch. Im Vergleich zu 2015 haben sich die Zahlen verdoppelt. Damals waren noch 32 Elektro-Fahrzeuge zugelassen. Händler berichten davon, dass auch die Nachfrage nach HybridModellen steigt. »Kommentar
E Mobilität bislang nur eine Randerscheinung