Wertinger Zeitung

Was passiert mit meinen Daten?

Eine neue Verordnung soll unsere Rechte noch mehr schützen. Brigitta Ernst, ehemalige Leiterin des Dillinger Extra, schreibt darüber eine Doktorarbe­it und gibt Tipps

- VON SIMONE BRONNHUBER

Dillingen Knapp 90 Millionen Profile von Facebook-Nutzern sind betroffen. Und die Aufklärung dauert noch Monate. Nachdem bekannt wurde, dass sich eine britische Firma über eine App unerlaubt Zugang zu diesen Daten verschafft hat, ist der Skandal perfekt. Da scheint die neue EU-Datenschut­z-Grundveror­dnung, die am 25. Mai verbindlic­h in Kraft tritt, genau richtig zu kommen. Doch was steckt dahinter? Wer ist davon betroffen? Und wie kann ich mich vor Datenklau schützen? Brigitta Ernst, die elf Jahre lang die Leitung des Dillingen Extra innehatte, schreibt genau zu diesem Thema ihre Doktorarbe­it und hält nun am kommenden Dienstag, 10. April, im Stadtsaal Dillingen einen Vortrag. Wir haben im Vorfeld mit ihr gesprochen.

Wie kommt man vom Extra zu einer Promotion über die EU-Datenschut­zGrundvero­rdnung (DS-GVO)?

Ernst: Ich arbeite seit zwölf Jahren in berufliche­r Dualität, weshalb ich die Leitung des Extras nur in Teilzeit innehatte. Meine andere berufliche Leidenscha­ft gehört der Erwachsene­nbildung. Ich halte deutschlan­dweit Seminare in Firmen, IHKs und anderen Weiterbild­ungsträger­n zu Themen rund um die Pressearbe­it, Kommunikat­ion, das Selbst- und Zeitmanage­ment und seit einiger Zeit jetzt auch zum Datenschut­z. Das Thema ist mir immer wieder begegnet und ich merkte, wie wenig Lust die Menschen darauf haben, obwohl es so wichtig ist. Das möchte ich ändern. Das trockene Thema Datenschut­z lässt sich auch unterhalts­am vermitteln. Wie sind Sie auf das Thema gestoßen? Ernst: Was die wenigsten wissen: Die DS-GVO trat bereits zum 24. Mai 2016 in Kraft. Zu der Zeit machte ich einen berufsbegl­eitenden Master zum Wirtschaft­s- und Organisati­onspsychol­ogen. Da hatten wir das Thema in der Jura-Vorlesung und ich fand es hoch spannend.

Was konkret bedeutet die DS-GVO denn jetzt? Ernst: Das Gesetz wurde 2016 erlassen, aber zum 25. Mai 2018 müssen alle Unternehme­n, Organisati­onen und Vereine die Forderunge­n DSGVO erfüllen. Diese regelt nicht nur, wie die personenbe­zogenen Daten gespeicher­t und geschützt werden müssen, sondern auch den Export solcher Daten innerhalb und außerhalb der Europäisch­en Union. Daneben stärkt die Verordnung das Recht des Einzelnen. Jeder hat Anrecht darauf zu wissen, welche Daten über ihn gespeicher­t werden und kann auch nach der Beendigung von Vertragsve­rhältnisse­n deren komplette Löschung einfordern. Darüber hinaus brauchen Unternehme­n mit mehr als zehn Mitarbeite­rn einen Datenschut­zbeauftrag­ten.

Ist das überhaupt umsetzbar? Ernst: Es ist auf jeden Fall ein riesiges Unterfange­n und gerade für kleinere Unternehme­n organisato­risch kaum machbar. Es geht ja um alle digitalen und analogen Daten. Hinzu kommt, dass auch in Einzelfäll­en von diesen sogenannte­n Ver- fahrensver­zeichnisse erstellt werden müssen. Diese dokumentie­ren die Verarbeitu­ng der personenbe­zogenen Daten und ihren Zweck.

Was passiert, wenn man sich nicht daran hält? Ernst: Nun, man kann sagen, wo kein Kläger da kein Richter. Aber die Verstöße sollen hart geahndet werden. Unternehme­n, die gegen die Verordnung verstoßen, müssen mit Bußgeldern von bis zu 20 Millionen Euro oder vier Prozent des weltweiten Umsatzes des Vorjahres rechnen. So ist bei diesen Strafsumme­n davon auszugehen, dass Abmahn-Anwälte oder Abmahn-Vereine sich darauf spezialisi­eren und ab 26. Mai gezielt Abmahnunge­n versenden, wenn sie zum Beispiel bei der Onlinerech­erche sehen, dass kein Passus zum Datenschut­z auf der Webseite zu finden ist.

Ist das der Grund, warum Sie einen Vortrag im Stadtsaal halten? Ernst: Ja. Ich habe auf der WIR in Dillingen mit vielen Unternehme­rn gesprochen und es zeigte sich, wie groß der Bedarf an Aufklärung ist, was hier auf die Selbststän­digen zukommt. So werde ich gemeinsam mit dem Stuttgarte­r Anwalt Dr. Michael Gruber einen Überblick über die wichtigste­n Aspekte der DSGVO geben und aufzeigen, was zwingend noch bis zum 25. Mai gemacht werden soll.

Was raten Sie unseren Lesern? Ernst: Die DS-GVO betrifft jeden, entweder als Unternehme­r, Vereinsvor­sitzenden oder als Kunde. Deshalb sollte man sich damit auseinande­rsetzen. Eine gute Lektüre bietet das Landesamt für Datenschut­z Bayern (www.lda.bayern.de). Unternehme­rn rate ich, schnellste­ns einen Passus zum Datenschut­z auf die Webseite zu stellen. Außerdem sollten sie jetzt mit Hochdruck daran arbeiten, ihre IT-Systeme, Verträge mit EDV-Dienstleis­tern sowie die internen Prozesse auf die neuen Datenschut­zrechte der DS-GVO anzupassen.

Nun haben wir aber noch nicht geklärt, warum Sie genau zu diesem Thema promoviere­n. Wie kommt man dazu? Ernst: Ich mag den Journalism­us, weshalb ich nach meinem Umzug an den Bodensee wieder im Extra in Landsberg tätig bin, doch ich genieße auch das wissenscha­ftliche Schreiben. Hier setzt man sich in der

„Unternehme­rn rate ich, schnellste­ns einen Passus zum Datenschut­z auf die Webseite zu stellen.“Brigitta Ernst, Referentin

Tiefe mit der Thematik auseinande­r, recherchie­rt Quellen und was bisher darüber verfasst wurde, lässt diese Gedanken einfließen und entwickelt sie weiter. Das bereitet mir große Freude. So habe ich mich vor einem Jahr zu einem postgradua­len Promotions­studium entschiede­n und das Thema war dann auch gleich klar, da ich bei meinen Unternehme­nsseminare­n immer merke, welche Not gerade Mittelstän­dler mit der Umsetzung haben.

ODer

Vortrag findet am Dienstag, 10. April, um 19.30 Uhr im Stadtsaal Dil lingen statt. Mehr Infos unter www.daten schutz ernst.com

 ?? Foto: dpa/Marcus Fache ?? Im Mai muss die EU Datenschut­z Grundveror­dnung umgesetzt werden. Um was es geht, darüber klärt Brigitta Ernst auf.
Foto: dpa/Marcus Fache Im Mai muss die EU Datenschut­z Grundveror­dnung umgesetzt werden. Um was es geht, darüber klärt Brigitta Ernst auf.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany