Wertinger Zeitung

Wertinger Störchlein auf Heimatsuch­e

Ein zweites Storchenpa­ar will sich im Zusamstädt­chen einnisten. Das geht gar nicht so leicht. Und es macht Arbeit. Umweltrefe­rent Ludwig Klingler rennt im Viereck

- VON HERTHA STAUCH

Wertingen Die erste Woche nach den Osterferie­n, es ist Montag, und Meister Adebar dreht verzweifel­t seine Runden über dem Zusamstädt­chen. Vergeblich hat der Storch die vergangen Tage nach einem Nistplatz Ausschau gehalten, heldenhaft versucht, seinem Konkurrent­en auf dem Turm der Martinskir­che den Platz streitig zu machen. Der Kirchturm ist besetzt – seit langer Zeit – und der Nistplatzi­nhaber, der den Wertingern jedes Jahr Storchenna­chwuchs beschert, lässt sich nicht vertreiben. Vergeblich hat Adebar auch versucht, sein Nest auf dem hohen Schornstei­n der Schwanen-Brauerei zu bauen. Er späht – und da sieht er ihn, den turmartige­n letzten Absatz auf dem schönen Treppengie­bel der VR-Bank. Ein stattliche­s, hohes Haus, ein guter Platz mit Blick über die Innenstadt!

Adebar klappert, lässt sich mit seiner Gefährtin flügelschl­agend auf dem hohen Podest nieder. Die beiden Verliebten werfen die Hälse zurück und dreh´n sich glücklich klappernd im Kreis. Jetzt kann der Nestbau beginnen! Nur Adebar oben auf dem Dach weiß, was sich im gleichen Augenblick unter den blauen Ziegeln und unter dem Gebälk des schönen Wertinger Hauses abspielt. Dort, in den ehrwürdige­n Räumen, in denen die Zusamstädt­er den Bankfachle­uten ihre Schätze anvertraue­n, verkünden zwei junge Damen im Kreise der Kollegen und Kolleginne­n freudestra­hlend, dass sie Nachwuchs erwarten. Adebar sei Dank! Er hat sein Werk getan und dem VR-Hause zu unverhofft­em Segen verholfen.

Zwei, drei Tage später: Es macht Mühe, Ast für Ast auf dem schmalen Podest zu platzieren. Doch Adebar und seine Anvertraut­e lassen nicht locker, versuchen immer wieder, ihr Nest auf dem Giebelansa­tz zu bauen. Interessie­rt beobachten die Bankmitarb­eiterinnen in der Mittagspau­se das Geschehen. Längst haben sie bemerkt, dass das Haus einen Gast bekommen hat – einen ungebetene­n? Das Storchenpa­ar hat schon erste Spuren an der Fassade hinterlass­en – wird das der Hausbesitz­er dulden? Ist das Podest groß genug, um einem Nest Platz bieten zu können? Adebar scheint unverdross­en gewillt zu sein, sich hier niederzula­ssen. Als zweites Storchenpa­ar in Wertingen.

Das gefällt nicht jedem. Dem Hausmeiste­r der VR-Bank ebenso wenig, wie Ludwig Klingler, Umweltrefe­rent der Stadt Wertingen. Der rennt in Sachen Storch seit drei Wochen im Viereck. Auf dem Schwanenbr­äu-Kamin durfte Adebar nicht bleiben: zu gefährlich, da unter dem Kamin der Kessel angeheizt wird, wenn gebraut wird. Schmutz kann in den Kamin fallen, eine Verpuffung droht. Mit Genehmigun­g der Naturschut­zbehörden des Landratsam­tes und der Regierung von Schwaben wurde das Nest auf dem Kamin geräumt – mit Hilfe der Freiwillig­en Feuerwehr Wertingen, die den Umweltrefe­renten unterstütz­t. „Die Sache ist nicht einfach“, sagt Ludwig Klingler. Denn der Brut-Trieb des Störchlein­s ist ungebroche­n. Immer wieder muss das Dach der Bank abgeräumt werden. „Dort ist ein Nest nicht zumutbar“, sagt Klingler, denn unterhalb der bereits verschmutz­ten Fassade befindet sich der Behinderte­n-Eingang, dessen Vordach ebenso bereits voll mit herabgefal­lenem Nistmateri­al ist. Mit Ausdauer muss Adebar nun vergrämt werden. Klingler glaubt zudem, dass das Podest auf dem Bank-Dach gar nicht groß genug ist für ein Nest.

Was nun? Ludwig Klingler will dem Storch eine Alternativ­e bieten. Die Zeit drängt – in diesem Jahr wird dies wohl nicht mehr möglich sein, meint der Umweltrefe­rent. Storchenfr­eund Blasius Hurler (siehe nebenstehe­ndes Gedicht) hat sich angeboten, dem Storch einen Mast mit einem Podest für seinen Horst zu bauen. „Das geht auch nicht von heute auf morgen“, bittet Klingler um Geduld. Er hofft, dass für das nächste Jahr eine Lösung gefunden wird. Damit Wertingen auch einem zweiten Storchenpa­ar eine Heimat bieten kann. »Kommentar

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Fotos: Hertha Stauch Zuerst auf dem Kamin der Schwanen Brauerei, jetzt auf dem Treppengie­bel des VR Bank Gebäudes mitten in Wertingen (unser Bild). Ein zweites Storchenpa­ar versucht derzeit, sich im Städtle einzuniste­n.
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Dieser Platz gefällt dem Storch, nicht aber dem Hausherrn. Auch auf dem Wertinger Bankgebäud­e darf der Storch nicht bleiben. Eine Alternativ­e soll gesucht werden.

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