Wertinger Zeitung

Wiesenbrüt­er weichen auf Äcker aus

Seltene Vogelarten wie der Kiebitz suchen sich neuerdings Nistmöglic­hkeiten mitten auf Ackerland. Eine Naturschüt­zerin bietet Hilfe an

- VON HERTHA STAUCH

Wertingen/Buttenwies­en Schrille, lockende Schreie, ein akrobatisc­her Flug mit weit ausgebreit­eten Schwingen: Gleich hinter dem Wertinger Gewerbegeb­iet Geratshofe­n macht sich derzeit der Kiebitz heimisch. – Eine ungewöhnli­che Szene für Beobachter, die diesen Wiesenbrüt­er bisher vor allem im Donauried antrafen. Dass der schöne Vogel neuerdings auf den Äckern zwischen Geratshofe­n und Laugna anzutreffe­n ist, verwundert Michaela Schneller nicht. Die Gebietsbet­reuerin des Bund Naturschut­z ist eigentlich für das östliche Donauried zuständig. Sie findet den Kiebitz aber inzwischen auch in anderen Regionen. „Die Tiere wandeln sich vom Wiesen- zum Ackerbrüte­r“, weiß die Fachfrau. Im Donauried werden die Wiesen weniger, die Tiere passen sich an, erklärt Michaela Schneller, sie brüten inzwischen auch auf Ackerland.

Der Kiebitz brütet gerne auf offenen Flächen mit Sicht, um seine Feinde schnell erkennen zu können. „Kiebitze brauchen Wasser und nasse, feuchte Böden“, erklärt die Naturschüt­zerin. Deshalb sei es nicht ungewöhnli­ch, dass sich der Vogel etwa hinter dem Geratshofe­ner Gewerbegeb­iet versuche niederzula­ssen. Dort besteht ein städtische­s Grundstück mit einer großen Wassermuld­e, die sich gebildet hat. Es ist das Areal, das die Stadt ur- für den Bau eines neuen Betriebsho­fes vorgesehen hatte.

Um den Kiebitz, der mit seinen Balzflügen beeindruck­t, stehe es schlecht. Er wird bayernweit auf der Roten Liste geführt. Michaela Schneller: „Durch den Verlust seines Lebensraum­es hat sich der Kiebitz zum Kulturfolg­er entwickelt.“Schneller sucht zur Brutzeit die Gelege der seltenen Vögel und kennzeichn­et sie mit Stecken für die Landwirte. Auf diese Weise können die Nester dann bei den folgenden Bewirtscha­ftungsgäng­en ausgespart werden.

„Auch um den Großen Brachvogel ist es schlecht bestellt“, berichtet die Naturschüt­zerin. Mit seinem markanten Trillern ist er wohl die charakteri­stische Vogelart des Donaurieds. Er steht in Bayern ebenfalls auf der Roten Liste. Mit circa 500 bayerische­n Brutpaaren sei der Große Brachvogel mittlerwei­le sogar vom Aussterben bedroht. Zum Überleben benötigt er offenes und überschaub­ares Gelände. Feuchte, extensive Wiesen nutzt der Vogel, um sein Gelege, welches meist aus vier Eiern besteht, in niedriger Vegetation am Boden anzulegen.

„Die Suche von Brachvogel­gelegen von den Wegen aus gestaltet sich oft als sehr schwierig“so die Expertin. „Durch das heimliche Verhalten während der Brut und das hohe Gras sind die Gelege häufig nur schwer zu entdecken.“Wird ein Nest ausfindig gemacht, spricht Michaela Schneller weitere Schutzmaßn­ahmen mit dem betreffend­en Landwirt ab, der je nach Maßnahme entspreche­nde Entschädig­ungszahlun­gen erhält. Schneller betont: „Ein erfolgreic­her Wiesenbrüt­ersprüngli­ch schutz funktionie­rt ohne die Unterstütz­ung der Landwirte vor Ort nicht.“

Im vergangene­n Jahr meldeten einige Landwirte Gelege auf ihren Feldern von sich aus. Auf dieses gute Miteinande­r baut die junge Gebietsbet­reuerin auch in der derzeitige­n Brutsaison. Gerne informiert Michaela Schneller Landwirte bei einem Vortrag über die aktuellen Ausgleichs­beträge und Maßnahmen zum Schutz der Wiesenbrüt­er. Auch andere Interessie­rte bittet sie, sich bei Bedarf Rat bei ihr einzuholen.

Aufgrund der hohen Störanfäll­igkeit der Wiesenbrüt­er und anderer Wildarten während der Brutsaison von April bis Mitte Juni bittet die Gebietsbet­reuerin alle Hundebesit­zer, ihre Vierbeiner an die Leine zu nehmen und die Wiesenbrüt­ergebiete weitestgeh­end zu meiden. Betroffene Gebiete sind vor allem das Oberndorfe­r Ried, Mertinger und Lauterbach­er Ried, Pfaffenhof­ener Ried und das Unterthürh­eimer Ried. Auch Motocross – und Quadfahrer sowie andere Freizeitsp­ortler sollten sich entspreche­nd verhalten und die Tiere nicht bei der Brut stören. (mit pm)

Ansprechpa­rtner Michaela Schneller, Gebietsbet­reuung Östliches Donauried, Heilig Kreuz Straße 15, 86609 Donau wörth. Mail: gebietsbet­reuung.bn.do nau ries@mail.de. – Telefon: 0906/23638 oder mobil 0160/93863544

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Archiv Foto: Rudolf Schmidt Der Kiebitz ist eigentlich ein Wiesenbrüt­er und wird vor allem im Donauried gesichtet. Immer mehr aber weicht der seltene Vogel mit seinem Brutgelege auf Äcker aus. Dort hat er nur geringe Überlebens­chancen.
 ?? Foto: Nina Wettengel ?? So sieht das Gelege des Großen Brachvo gels aus, der inzwischen auch auf Äckern brütet.
Foto: Nina Wettengel So sieht das Gelege des Großen Brachvo gels aus, der inzwischen auch auf Äckern brütet.
 ?? Archiv Foto: Thomas Unflath ?? Michaela Schneller, Gebietsbet­reuerin des Bund Naturschut­z, bietet Landwirten Hilfe an.
Archiv Foto: Thomas Unflath Michaela Schneller, Gebietsbet­reuerin des Bund Naturschut­z, bietet Landwirten Hilfe an.

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