Wertinger Zeitung

Bei SGL geht es derzeit spannend zu

Warum es in Meitingen für 1000 Beschäftig­te keine Jobgaranti­e mehr gibt und manche Mitarbeite­r feuchte Augen kriegen

- VON ELLI HÖCHSTÄTTE­R

Meitingen Es ist einer der größten Arbeitgebe­r im Landkreis Augsburg. Am SGL- und Showa-DenkoStand­ort in Meitingen arbeiten insgesamt rund 1500 Beschäftig­te. Zum Vergleich: Im Stahlwerk sind es 700, im Industriep­ark Gersthofen 1200 und bei Amazon in Graben 1900.

Doch „die SGL“gibt es nicht mehr. In Meitingen gilt eine Dreiteilun­g. Dort befindet sich ein Standort der SGL Group mit aktuell rund 1000 Beschäftig­ten. Dazu kommen 290 Mitarbeite­r im Gemeinscha­ftsunterne­hmen mit Brembo (Keramikbre­msen), an dem SGL mit 50 Prozent beteiligt ist. Rund 220 weitere Menschen sind im Bereich der Grafitelek­troden tätig, der an die japanische Firma Showa Denko verkauft wurde. Diese Dreiteilun­g wirkt sich nun auch auf die Arbeitsver­träge aus.

SGL Für die rund 1000 Beschäftig­en bei SGL gab es seit 14 Jahren außertarif­liche Vereinbaru­ngen. „In dieser Zeit hat es auch keine betriebsbe­dingten Kündigunge­n gegeben“, erklärt Betriebsra­tschef Markus Stettberge­r. Die Vereinbaru­ng sah zuletzt unter anderem unbezahlte Mehrarbeit für die Mitarbeite­r vor. Das heißt, statt 35 Stunden wurden 38 pro Woche gearbeitet. Dafür garantiert­e das Unternehme­n, keine betriebsbe­dingten Kündigunge­n auszusprec­hen sowie Investitio­nen in den Standort zu tätigen. Diese Vereinbaru­ng lief nun zum März hin aus und wurde vom Unternehme­n nicht mehr verlän- SGL-Pressespre­cher Andreas Pütz erklärt, dass die Ergänzungs­tarife „der Bewältigun­g von kritischen wirtschaft­lichen Situatione­n“gedient hätten. Nun sei die Neuausrich­tung abgeschlos­sen und daher der Ergänzungs­tarifvertr­ag ausgelaufe­n.

Pütz betont in diesem Zusammenha­ng, dass aktuell keine betriebsbe­dingten Kündigunge­n zu erwarten sind. „Wir sind auf Wachstumsk­urs“, sagt er. Das Unternehme­n habe im November beschlosse­n, 2,5 Millionen Euro in das Werk in Meitingen zu investiere­n. Außerdem werden im Herbst insgesamt 23 neue Lehrlinge und duale Studenten eingestell­t.

Bei den Mitarbeite­rn hatte die Nachricht, dass die Vereinbaru­ng nicht weitergefü­hrt wird, zunächst für Verunsiche­rung gesorgt, erklärte Betriebsra­tschef Stettberge­r. Immerhin hatte sich die Belegschaf­t in einer Befragung mit knapp 90 Prozent für eine Weiterführ­ung ausgesproc­hen. Mittlerwei­le hätten sich die Wogen aber geglättet. Stettberge­r schätzt die Lage des Unternehme­ns gut ein, da auch neue Leute eingestell­t worden seien. Er selbst sieht kein Indiz dafür, dass Kündigunge­n anstehen könnten. Auch Michael Leppek von der IG Metall will der Belegschaf­t keine Angst machen, weil seiner Meinung nach derzeit kein Grund dazu bestehe. Dennoch frage er sich, warum das Unternehme­n auf die kostenlose Mehrarbeit verzichten will. „Wir werden das auf alle Fälle genau beobachten“, verspricht er.

Showa Denko Leppek spricht von „spannenden Zeiten“bei SGL. Das Unternehme­n hatte sich nach Jahren der Krise von seinem Massengesc­häft getrennt. Konzentrie­ren will man sich jetzt auf spezielle, aber lukrative Anwendunge­n. Das Massengesc­häft war für die SGL früher Herstellun­g von Grafitelek­troden, die in Stahlwerke­n zum Einsatz kommen. Der Wiesbadene­r Konzern trat das Geschäft 2016 an das japanische Unternehme­n Showa Denko ab. 200 Mitarbeite­r waren in Meitingen betroffen. Für sie galt bislang ein Standortsi­cherungsve­rtrag, der Ende Februar ausgelaufe­n ist. Laut Leppek wurde dieser bis Ende April verlängert. Derzeit laufen die Verhandlun­gen über eine mögliche Weiterführ­ung des Ergängert. zungstarif­vertrages samt Standortun­d Beschäftig­ungsgarant­ie. Die Aussichten sind gut, denn bei den Japanern boomt das Geschäft. „Die Auftragsbü­cher sind voll“, weiß Leppek. Dass sich SGL vom ehemaligen Herzstück des Unternehme­ns getrennt hat, schmerzt heute noch einige Mitarbeite­r. „So mancher Beschäftig­ter bei SGL schaut mit feuchten Augen rüber zu Showa Denko, was da alles so läuft“, berichtet Leppek. Trotz dieser Entdie wicklung „ärgere man sich nicht“über den Verkauf, so der SGL-Sprecher. Es sei eine strategisc­he Entscheidu­ng gewesen, auf andere Geschäftsf­elder zu setzen.

Brembo Relativ entspannt sehen übrigens die Beschäftig­ten von Brembo der Zukunft entgegen. Die Bremsenbau­er haben einen Ergänzungs­tarifvertr­ag samt Standortsi­cherung und Beschäftig­ungstarifv­ertrag, der noch bis Februar 2022 läuft.

Investitio­n in Millionenh­öhe für das Meitinger Werk

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Foto: Marcus Merk Rund 1500 Beschäftig­te zählen die SGL Group und Showa Denko am Standort in Meitingen. SGL ist einer der größten Arbeitgebe­r in der Region.

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