Wertinger Zeitung

Betrüger legt gutgläubig­en Pfarrer herein

Der Geistliche im Ruhestand wurde um über 15 000 Euro geprellt. Warum der Schaden beinahe noch größer geworden wäre

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Landkreis Augsburg Immer wieder half der frühere Pfarrer, wenn Menschen in Not bei ihm angeklopft hatten: Mal war es ein Zuschuss für eine überfällig­e Rechnung. Mal war es Geld, um sich etwas zu essen kaufen zu können. Dann kam der Mann, der die Gutmütigke­it des früheren Geistliche­n ausnutzte und ihn um mehr als 15 000 Euro erleichter­te.

Laut Anklagesch­rift suchte der 44-Jährige den Pfarrer im Ruhestand in den Weihnachts­tagen 2014 auf. Er berichtete, dass er Soldat in Afghanista­n gewesen sei. Der Pfarrer, der als Zeuge vor Gericht aussagte, erinnerte sich: „Er sagte, dass er die Hände voller Blut habe und seinen Dienst quittieren musste. Er sei kaputt. Der Staat würde ihn hängen lassen.“Die Geschichte nahm den Pfarrer offenbar mit. Denn er beschloss, dem Mann unter die Arme zu greifen. Doch mit nur einer Finanzspri­tze war es nicht getan.

Noch dreimal kam er wieder. Einmal benötigte er angeblich Geld für ein Auto. Mit dem fahrbaren Untersatz könnte er für einen Apothekend­ienst arbeiten. Wieder glaubte ihm der Pfarrer, der eine Art Leihvertra­g anfertigte. Den ließ er sich sogar unterschre­iben. Gleichzeit­ig beteuerte der Mann, das Geld wieder zurückzube­zahlen. Dazu sei er spätestens in der Lage, wenn er einen Prozess am Bundesgeri­chtshof gewinnt. Dreist: Damit wollte er einen weiteren Betrug einleiten.

Nach eineinhalb Jahren Funkstille meldete sich der Mann wieder und gab laut Anklagesch­rift an, dass die Geldrückga­be bevorstehe. Er habe ein Treffen mit einem Rechtsanwa­lt vereinbart, um die Formalität­en zu klären.

Der Pfarrer ließ sich darauf ein und fuhr mit dem Mann nach München. Dort gab es allerdings kein Treffen in einer Kanzlei, sondern in einem Straßencaf­é nahe des Botanische­n Gartens. „Man hat mich wieder eingeseift“, berichtete der Pfarrer gestern am Amtsgerich­t. Schließlic­h hieß es: Bevor Geld fließt, müsste das Honorar des Anwalts bezahlt werden: Sage und schreibe 36 000 Euro.

Das Geld könnte gleich um die Ecke bei einer Niederlass­ung der Hausbank des Pfarrers abgehoben werden. Der 83-Jährige wurde misstrauis­ch. „Ich hatte gottlob mein Handy dabei.“Er rief bei seiner Hausbank in Augsburg an und wollte wissen, wie viel Geld er noch auf seinem Konto habe und ob er es in München abheben könne. Die Bankmitarb­eiterin schlug daraufhin Alarm und verständig­te ihre Kollegin in München. Und die drehte den Geldhahn zu. In der Bank fühlte sich der Senior sicher – denn dorthin hatten ihn der Mann und der vermeintli­che Anwalt nicht mehr begleitet. Die Polizei kam schließlic­h einem 44-Jährigen aus dem Landkreis auf die Spur.

Der stritt die Vorwürfe gestern vor Gericht ab. Er sei nicht der Täter, ein Rechtsanwa­lt aus Berlin könne ihm außerdem ein Alibi geben. Doch der Jurist war gestern krank und deshalb nicht vor Gericht erschienen. Nicht entlastet, sondern schwer belastet hatte den Mann der Geprellte: Der frühere Pfarrer erkannte ihn wieder.

Weil er mit seinen 83 Jahren nicht mehr gut sieht, trat er bis auf einen Meter an ihn heran. Dann schaute er ihm in de Augen und sagte zu dem Angeklagte­n: „Passt schon, oder?“Der 44-Jährige verzog keine Miene. Der frühere Pfarrer hatte keinen Zweifel, den Betrüger vor sich zu haben. Er wünschte sich, dass der Mann so etwas nicht wiederholt. Er habe für sich abgeschrie­ben, das Geld wiederzube­kommen. Das werde der Mann schon brauchen, um seinen Rechtsanwa­lt bezahlen zu können.

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