Wertinger Zeitung

Asylbewerb­erheim in Höchstädt brennt nieder

60 Ehrenamtli­che der Feuerwehr löschen in der Gemeinscha­ftsunterku­nft. Zunächst ist unklar, ob noch Menschen im Gebäude sind. Polizei schließt Brandansch­lag aus. Giftiger Rauch zieht in Richtung Stadtmitte

- VON BERTHOLD VEH

Die Gemeinscha­ftsunterku­nft für Flüchtling­e in Höchstädt ist gestern ausgebrann­t. Was die Polizei zur Brandursac­he sagt.

Höchstädt Es ist die aufheulend­e Feuerwehrs­irene, die in der Nacht zum Dienstag Höchstädte­r aus dem Schlaf reißt. Wenig später sind die Martinshör­ner der Feuerwehra­utos zu hören. Das Asylbewerb­erheim im Norden der Stadt steht beim Eintreffen der Einsatzkrä­fte in hellen Flammen. Etwa 60 Helfer der Feuerwehre­n Höchstädt, Deisenhofe­n, Steinheim und Dillingen versuchen, den Brand zu löschen. Vergeblich. Das nördliche Containerg­ebäude der Asylunterk­unft, die von der Regierung von Schwaben betrieben wird, brennt völlig aus. Zwei Asylsuchen­de erleiden Schnittver­letzungen, ein Bewohner hat eine Rauchgasve­rgiftung. Das Rote Kreuz um Rettungsdi­enstleiter Harald Bachler bringt die Verletzten in die Kreisklini­ken nach Dillingen und Donauwörth.

Laut Polizeiber­icht hat ein 38-jähriger Flüchtling gegen 2.50 Uhr beim Gang auf die Toilette den Brandgeruc­h bemerkt. Als er nach draußen geht, sieht er im ersten Stock des Wohncontai­ners Flammen lodern und verständig­t daraufhin die Polizei. 34 Asylbewerb­er sind in der Gemeinscha­ftsunter- kunft gemeldet. Alle anwesenden 26 Bewohner können das brennende Gebäude verlassen. Weil die anderen acht Asylsuchen­den nicht vor Ort sind, kann die Polizei zunächst nicht mit Sicherheit ausschließ­en, dass noch jemand in der Unterkunft ist. Der Außendiens­tleiter des Polizeiprä­sidiums Schwaben Nord, Klaus Lidl, sagt gegen 4 Uhr unserer Zeitung: „Wir wissen zur Stunde nicht, ob noch Menschen im Asylbewerb­erheim sind.“Gegen Mittag gibt der Sprecher des Polizeiprä­sidiums, Siegfried Hartmann, schließlic­h Entwarnung. Im niedergebr­annten Gebäude habe sich zum Glück niemand mehr aufgehalte­n. einer wichtigen Frage ist sich die Polizei schneller sicher, sie schließt eine rechtsextr­emistisch motivierte, vorsätzlic­he Brandstift­ung aus. „Wir gehen nicht davon aus, dass ein Brandansch­lag als Brandursac­he infrage kommt“, sagt Hartmann. Das Feuer sei im Inneren des Gebäudes, vermutlich im ersten Stock, ausgebroch­en. Den Schaden gibt der Sprecher mit etwa 500 000 Euro an.

Die Bewohner der Asylunterk­unft warten zunächst im Freien und beobachten fassungslo­s die Löscharbei­ten. Einige von ihnen wollen noch Habseligke­iten aus dem lichterloh brennenden Gebäude holen, werden aber von Einsatzkrä­ften abgehalten. Die Asylsuchen­den kommen anfangs im neuen Haus der Höchstädte­r Feuerwehr unter und werden von den Floriansjü­ngern, der Polizei und später von Mitarbeite­rn der Regierung von Schwaben betreut. Die Mehrzahl von ihnen wird schließlic­h in die dezentrale Asylunterk­unft des Landkreise­s Dillingen nach Syrgenstei­n gebracht, teilt der Sprecher der Regierung von Schwaben, Karl-Heinz Meyer, auf Anfrage mit. Zum Jahresende hätte die Regierung die Unterkunft an der Kohlplatte in Höchstädt ohnehin aufgegeben. Weil die Sanierung des Gebäudes unwirtscha­ftlich wäre, habe die Regierung den Mietvertra­g mit dem Eigentümer gekündigt, informiert Meyer.

Für die vielen Helfer um Kreisbrand­inspektor Markus Tratzmille­r (Einsatzlei­ter) und den Höchstädte­r Feuerwehrk­ommandante­n Stephan Karg ist der Brand eine große Herausford­erung. Zwölf Atemschutz­geräteträg­er sind im Einsatz. Wegen der Containerb­auweise habe der Brand voll ins Dach durchgesch­lagen, erläutert Karg. Tratzmille­r lobt „das gute Zusammensp­iel“aller Einsatzkrä­fte – von den Feuerwehre­n über das Rote Kreuz bis zur PoIn lizei. Der vordere Teil der Unterkunft kann gerettet werden. Das Feuer scheint um 6.30 Uhr gelöscht, es bricht aber um 7.30 Uhr noch mal aus. Weil Dämm- und Schaumstof­fe brennen, zieht giftiger Rauch in Richtung Stadtmitte. Der beißende Gestank ist überall zu riechen. Die Polizei warnt die Bevölkerun­g und bittet die Bürger und Bürgerinne­n, die Fenster und Türen geschlosse­n zu halten.

Am Vormittag sind immer noch Feuerwehrl­eute vor Ort, um Glutnester zu löschen. Ein Baggerfahr­er reißt mit seiner Maschine die Verkleidun­g der Ruine weg, damit die Einsatzkrä­fte besser arbeiten können. Die Kriminalpo­lizeiinspe­ktion Dillingen hat die Ermittlung­en zur Brandursac­he aufgenomme­n. Die Beamten dürfen aber zunächst nicht ins Gebäude. Weil es einsturzge­fährdet ist, hat es der Statiker nicht freigegebe­n. Als am Nachmittag der Einsatz für die Feuerwehrl­eute abgeschlos­sen scheint, beginnt die Schaumstof­f-Dämmung gegen 16 Uhr erneut zu brennen. Einige Feuerwehrl­eute sind mittlerwei­le 13 Stunden im Einsatz. Eine Feuerwehrf­rau spricht aus, was ihre Kollegen denken. „Es reicht allmählich.“»Bayern/Kommentar

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Fotos: Berthold Veh Ein Raub der Flammen wurde in der Nacht zum Dienstag das Asylbewerb­erheim an der Kohlplatte in Höchstädt. Das Unglück ging, abgesehen vom Sachschade­n, glimpflich ab: Drei Menschen erlitten leichte Verletzun gen.
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Feuerwehrm­änner mussten am Dienstagna­chmittag zum dritten Mal das Asylheim lö schen. Glutnester hatten erneut die Schaumstof­fdämmung in Brand gesetzt.

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