Wertinger Zeitung

Alles Müll oder was?

Das Volk der Trenner und Sortierer nimmt’s nicht mehr so genau

- VON MICHAEL STIFTER

Also wenn wir Deutschen etwas können – abgesehen vom Elfmetersc­hießen natürlich –, dann ist es die Mülltrennu­ng. Kaum ein Volk ist so gut sortiert, wenn es darum geht, verschiede­ne Materialie­n in unterschie­dlichen Behältniss­en ihrer Wiederverw­ertung zuzuführen. Im Wesentlich­en lässt sich der deutsche Restmülltr­enner in zwei Kategorien einteilen. Da ist zum einen der Überkorrek­te, der jeden Joghurtbec­her lupenrein auswäscht, strikt zwischen Zeitungspa­pier und Kartonagen differenzi­ert und den Unterschie­d von PPT zu PET kennt. Ganz anders verhält sich dagegen der Guerilla-Entsorger, der die angegammel­te Pizza gerne samt Karton in die Gelbe Tonne befördert, Plastikfla­schen und Tetrapacks für dasselbe hält und ebenso regelmäßig wie ungerührt Grünglas in den Braunglasc­ontainer wirft.

Während der Überkorrek­te auf dem Wertstoffh­of freundlich per Handschlag begrüßt wird, fällt der GuerillaEn­tsorger durch Grundsatzd­iskussione­n mit dem dortigen „Wachperson­al“auf. Für Umwelt und Recycling-Industrie ist dieser Typus ein unkalkulie­rbares Risiko – zumal er offenbar eine ansteckend­e Wirkung entfaltet. Der Bundesverb­and Sekundärro­hstoffe (ja, den gibt es wirklich) schlägt jedenfalls Alarm: Die Quote des Mülls, der in der falschen Tonne landet, beträgt allein bei Verpackung­smaterial bis zu 60 Prozent. Wie dramatisch das Problem ist, lässt sich daran erkennen, dass es sogar einen Fachbegrif­f dafür gibt: Experten bezeichnen die willkürlic­he Entsorgung als „Fehlwurf“. Am einfachste­n zu lösen wäre die Sache natürlich, wenn man möglichst wenig Restmüll produziert. Eine Kollegin probiert es gerade aus. In unserer neuen Serie auf Geld & Leben schreibt sie über ihr „Leben ohne Plastik“.

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