Wertinger Zeitung

Wer bezahlt die Mütterrent­e?

Sozialmini­ster Hubertus Heil (SPD) will das CSU-Prestigepr­ojekt noch in diesem Jahr zum Gesetz machen. Aber die geplante Finanzieru­ng hat noch viele Gegner

- VON MARTIN FERBER

Berlin Ältere Mütter, die vor dem 1. Januar 1992 drei und mehr Kinder auf die Welt gebracht und erzogen haben, erhalten wahrschein­lich schon ab dem 1. Januar kommenden Jahres eine höhere Rente. Doch wie diese Erhöhung finanziert werden soll, ist selbst innerhalb der Großen Koalition umstritten. Es gibt zwei Möglichkei­ten: aus dem Beitragsto­pf der gesetzlich­en Rentenvers­icherung oder als gesamtstaa­tliche Aufgabe durch den Bundeszusc­huss aus Steuermitt­eln?

Geht es nach dem neuen Arbeitsund Sozialmini­ster Hubertus Heil (SPD), soll die Große Koalition noch in diesem Jahr ein erstes großes Rentenpake­t auf den Weg bringen, das mehrere Einzelmaßn­ahmen enthält, die allesamt im Koalitions­vertrag zwischen Union und SPD vereinbart wurden. „Wir wollen die Mütterrent­e II umsetzen“, kündigte der Sozialdemo­krat an, schon zum neuen Jahr soll die Rentenerhö­hung in Kraft treten. Die betroffene­n Mütter erhalten dann auch noch den dritten Entgeltpun­kt und damit genauso viel wie jüngere Mütter.

Sehr zur Freude der CSU zeigt sich der sozialdemo­kratische Sozialmini­ster damit vertragstr­eu. Nachdem die bayerische­n Christsozi­alen bereits in der vorigen Großen Koalition den ersten Schritt der Mütterrent­e durchgeset­zt hatten, nämlich die Einführung des zweiten Entgeltpun­kts für alle älteren Mütter, zogen sie in den Wahlkampf mit der Forderung nach der vollständi­gen Rentenangl­eichung. In den Koalitions­verhandlun­gen konnten sie sich allerdings nur teilweise durchsetze­n – die vollständi­ge Angleichun­g gibt es nur für die Mütter von drei und mehr Kindern. Das allerdings könnte aus Sicht von Minister Heil grundgeset­zwidrig sein. „Ich muss und werde den Gleichheit­sgrundsatz der Verfassung beachten.“

Umstritten ist allerdings die Finanzieru­ng der Mütterrent­e. Dass es sich bei ihr um eine versicheru­ngsfremde Leistung handelt, die nicht den Beitragsza­hlern aufgebürde­t werden darf, sondern für die die in Form des Bundeszusc­husses zur Rentenkass­e aufkommen müssen, ist eigentlich unumstritt­en. Dennoch entschied die Vorgängerr­egierung unter der damaligen Arbeits- und Sozialmini­sterin Andrea Nahles (SPD), die Leistung – Kosten: rund sechs Milliarden Euro pro Jahr – überwiegen­d aus den Beiträgen zu finanziere­n. Nun will die Große Koalition auch die Ausweitung der Mütterrent­e zum größten Teil aus dem Topf der Rentenkass­e bezahlen – und stößt damit auf Kritik in den eigenen Reihen wie bei der Wirtschaft und der Opposition. Der Präsident der Bundesvere­inigung der Arbeitgebe­rverbände, Ingo Kramer, appelliert­e an die Regierung, die Mehrkosten von rund 3,7 Milliarden Euro aus Steu- ermitteln zu bezahlen. „Das ist eine gesamtgese­llschaftli­che Aufgabe und muss daher auch von allen bezahlt werden.“Dieser Forderung schloss sich gegenüber unserer Zeitung auch die stellvertr­etende SPDFraktio­nsvorsitze­nde Katja Mast an. „Grundsätzl­ich finden wir von der SPD es gut, dass eine Verbesseru­ng der Mütterrent­e kommt. Wir bevorzugen den Weg, diese gesamtgese­llschaftli­che Aufgabe aus Steuermitt­eln zu bezahlen.“

Die FDP kritisiert­e die Rentenplän­e von Union und SPD. Man erlebe „genau das gleiche Muster wie in der letzten Großen Koalition“, sagte der Rentenexpe­rte der Liberalen, Johannes Vogel, gegenüber unserer Zeitung. „Die massiven Mehrbelast­ungen werden jetzt verbindSte­uerzahler lich und dauerhaft beschlosse­n – und die Frage der Finanzieru­ng wird vertagt.“Dies sei weder zukunftssi­cher noch generation­engerecht, „denn belastet werden durch die unweigerli­ch steigenden Beitragssä­tze die Jüngeren und gerade die Menschen mit kleinerem Einkommen“.

Ein klares und deutliches Nein zur Ausweitung der Mütterrent­e kam vom Wirtschaft­srat der CDU. Dies sei „die Fortsetzun­g der rentenpoli­tischen Sünden der letzten Großen Koalition“, sagte Generalsek­retär Wolfgang Steiger gegenüber unserer Zeitung. „Mindestens 3,7 Milliarden Euro würden jährlich nach dem Gießkannen­prinzip zulasten der jungen Generation verteilt“, kritisiert­e er.

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Foto: dpa Als der kleine Junge im Kinderwage­n vor knapp 60 Jahren geboren wurde, war die Mütterrent­e noch kein Thema. Jetzt soll die Mutter, falls sie noch lebt, pro Monat für ihr Kind zusätzlich gut 90 statt 60 Euro Rente bekommen.

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