Wertinger Zeitung

Ein Hoffnungss­chimmer für Langzeitar­beitslose

Am harten Kern der Erwerbslos­en geht der Wirtschaft­saufschwun­g vorbei. Jetzt will die Politik neue Wege gehen

- VON MICHAEL POHL

Augsburg Manchmal wundert sich Nürnbergs SPD-Oberbürger­meister Ulrich Maly: Auf der einen Seite klagen ihm die Unternehme­r seiner Region den wachsenden Fachkräfte­mangel, doch zugleich berichten ihm die Mitarbeite­r der Jobcenter, dass die Zahl der bereits seit langer Zeit arbeitslos­en Nürnberger kaum zurückgehe. Tatsächlic­h bewegt sich die Arbeitslos­enquote trotz anhaltende­m Wirtschaft­sboom in der Großstadt seit langem beharrlich um die Sechs-Prozent-Marke.

„Im zehnten Jahr des Aufschwung­s sind wir offenbar an einer Grenze angelangt, mit den Kräften der Konjunktur die Arbeitslos­igkeit sozusagen auf natürliche­m Weg abzubauen“, sagt Maly. Obwohl es mehr Jobs in seiner Stadt gibt, sinkt die Zahl der Langzeitar­beitslosen kaum, dafür steigt aber die Zahl der Pendler ins Stadtgebie­t deutlich. Und so wie Nürnberg ergeht es vielen deutschen Großstädte­n, selbst in Boom-Regionen wie Bayern.

Deshalb wollen die Kommunen nun gemeinsam mit der Bundesregi­erung neue Wege gehen, wie rund 20 Oberbürger­meister jetzt beim Treffen des Deutschen Städtetags in Augsburg vereinbart­en. Gastgeber Kurt Gribl, der als Augsburger CSU-Oberbürger­meister Vize-Präsident des Verbands ist, lobte, dass sich dabei alle Bürgermeis­ter parteiüber­greifend schnell einig waren. Konkret soll 150 000 Langzeitar­beitslosen in neue Jobs geholfen werden – immerhin ein Sechstel aller Betroffene­n. Als langzeitar­beitslos gilt, wer länger als ein Jahr keinen Job findet. Und seit Jahren steigt in diesem Kreis die durchschni­ttliche Dauer ihrer Arbeitslos­igkeit.

Die Städte und der Bund zielen mit dem neuen Programm nun insbesonde­re auf die schwierigs­ten aller Fälle: jene gut 300000 Bundesbürg­er, die schon länger als drei Jahre Hartz IV als sogenannte­s Arbeitslos­engeld II beziehen. „Wir müssen den Teufelskre­is durchbrech­en, wo Hartz-IV-Karrieren in Familien vererbbar werden“, betonte Maly.

Dabei gehe es um Menschen, die in der Sprache der Jobcenter „multiple Vermittlun­gshinderni­sse“aufwiesen. Das fange damit an, manchen Betroffene­n mit Unterstütz­ung von Sozialarbe­itern wieder beizubring­en, überhaupt pünktlich bei einer Arbeitsste­lle zu erscheinen und sie fit für den Arbeitsmar­kt zu machen, sagte SPD-Mann Maly. „Wir dürfen diese Menschen nicht auf der Strecke lassen, sondern müssen ihnen und ihren Familien eine neue Chance geben, die Würde der Arbeit zu erleben“, betonte er.

Vier Milliarden Euro – vor allem für Lohnzuschü­sse und Qualifizie­rungen – will der Bund bis 2021 für das Programm zur Verfügung stellen, um die Betroffene­n in Unternehme­n unterzubri­ngen. Ob das Geld für die Ziele ausreiche, sei zwar fraglich, sagte Städtetags­präsident Markus Lewe, CDU-Oberbürger­meister von Münster. Die Städte hätten aber unter anderem mit ihren Sozialarbe­itern die Kompetenz, um ihren Teil zum Erfolg des Programms beizutrage­n.

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Foto: dpa Nürnberger Arbeitsage­ntur: mehr Jobs, aber kaum weniger Arbeitslos­e.

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