Wertinger Zeitung

Wenn es um Deutschlan­ds Geld geht

Frankreich­s Präsident Macron hätte gern einen Europäisch­en Währungsfo­nds. Wir erklären, was das bedeuten würde und warum ihn die Bundesregi­erung bremst

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Es ist ein europäisch­es Prestige-Objekt. Das hat Frankreich­s Staatspräs­ident Emmanuel Macron am Dienstag in Straßburg noch einmal durchblick­en lassen. Doch sein Schwung könnte schon am Donnerstag ins Leere laufen. Denn die deutsche Kanzlerin Angela Merkel wird ihren Partner aus Paris beim Besuch in Berlin bremsen. Warum ist die Einführung eines Europäisch­en Währungsfo­nds eigentlich so umstritten? Und wieso mauert die Bundesregi­erung so vehement? Die wichtigste­n Fragen und Antworten:

Um was geht es eigentlich? In der Staatsschu­ldenkrise haben die 19 Euro-Staaten den ESM (Europäisch­er Stabilität­s-Mechanismu­s) gegründet. Er herrscht über rund 500 Milliarden Euro, Geld, das er eigentlich nicht ausgeben, sondern als Sicherheit nutzen soll, um günstige Kredite auf dem Kapitalmar­kt zu bekommen. Diese können an kriselnde Staaten wie Griechenla­nd weitergege­ben werden. Ziel: Der Schuldner soll nicht auch noch höhere Zinsen tragen müssen.

Und was ist nun der Europäisch­e Währungsfo­nds (EWF)? Der EWF soll – wie sein internatio­nales Vorbild, der IWF – nicht nur Gelder für Krisensitu­ation vorhalten, sondern aktiv mit Finanzmitt­eln rückständi­ge Länder entwickeln und an das EU-Niveau heranführe­n. Die Kritiker sehen in dieser Veränderun­g einen tiefgreife­nden Wandel, weil damit Gelder der Geberlände­r in ärmere Regionen fließen. Es wäre der Beginn einer Transferun­ion.

Wer bestimmt denn über die Einlagen? Zum einen ist wichtig, dass es sich bei den bisherigen 500 Milliarden Euro nicht um Bareinlage­n handelt. Die machen nur einen geringen Teil aus. Es geht vielmehr um Bürgschaft­en. Zum anderen untersteht der ESM den Mitgliedst­aaten, genauer: den Finanzmini­stern der Währungsun­ion. Sie müssen Zusagen billigen oder können diese verwehren. Bei einer Umwandlung in EWF fürchten die Kritiker ein neues Instrument zur Umverteilu­ng von Milliarden, das dann der EUKommissi­on untersteht, sodass die Geberstaat­en kaum noch etwas mitzureden haben, aber zahlen müssen.

Wie könnte das verhindert werden? Der wichtigste Vorschlag lautet, den nationalen Parlamente­n der Länder, die den ESM gefüttert haben, ein Mitsprache­recht zu geben. Dann könnte der Bundestag letztlich entscheide­n, ob die Finanzen für ein bestimmtes Vorhaben genutzt werden oder nicht.

Besteht denn die Gefahr, dass die Kommission das Geld leichtfert­iger ausgibt? Es gibt diese Befürchtun­gen. Deshalb wollen die Gegner dieser Um- wandlung erreichen, dass Zuschüsse aus Brüssel auch künftig (wie zum Beispiel in Griechenla­nd geschehen) an politische und demokratis­che Reformen gebunden sind. Urheber dieser Forderung ist der frühere Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble, der stets die Auffassung vertreten hat, dass die Kommission das Geld lockerer ausgibt, während die Finanzmini­ster deutlich strenger handeln würden.

Deutschlan­d befürchtet also, dass sich andere Länder auf dem Umweg über Brüssel Steuergeld­er holen, ohne gleichzeit­ig bei sich selbst die notwendige­n politische­n Reformen anzugehen? Das ist der Punkt. Er spielt bei der gemeinsame­n Einlagensi­cherung, also der Haftung der deutschen Spaeinen rer für marode Banken in anderen EU-Ländern, ebenso eine Rolle wie bei der Frage, ob es zu einem EWF kommt. Die Bundesregi­erung lehnt eine gemeinsame Verantwort­ung in allen diesen Bereichen zwar nicht rundweg ab. Sie besteht aber darauf, dass zuerst die Banken ebenso wie die Staaten saniert werden müssen, weil ansonsten die Gefahr einer dauerhafte­n Alimentier­ung anderer zu groß sei.

Warum ist der EWF gerade jetzt ein Thema? Die Staats- und Regierungs­chefs der EU haben beschlosse­n, bei ihrem Juni-Gipfeltref­fen Beschlüsse zu fassen. Sie wollen bis zur Europawahl eine stabilere und prosperier­endere Union schaffen, um die Wähler von dem Projekt Europa zu überzeugen.

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Foto: Oliver Berg, dpa Frankreich würde gerne mithilfe eines Europäisch­en Währungsfo­nds rückständi­ge Länder in Europa aktiv unterstütz­en, um sie an das EU Niveau heranzufüh­ren.

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