Wertinger Zeitung

Billig reicht nicht mehr

Lange Zeit haben Ketten wie Deichmann oder C&A nur Eigenmarke­n verkauft. Das ändert sich seit einiger Zeit

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Düsseldorf Aldi tut es, Deichmann tut es und demnächst auch die Modekette C&A: Immer mehr stark auf preisbewus­ste Kunden ausgericht­ete Handelsket­ten ergänzen ihr normales Angebot an günstigen Eigenmarke­n mit den Produkten namhafter Markenhers­teller. Der Trend hat den Lebensmitt­elhandel ebenso erfasst wie den Schuh- und Modehandel. Für den Handelsexp­erten Martin Fassnacht von der Wirtschaft­shochschul­e WHU steht inzwischen fest: „Auch große Handelsket­ten wie Aldi, Deichmann oder C&A können heute nicht mehr auf Marken verzichten.“

C&A ist gerade dabei, auf den Zug aufzusprin­gen. Der neue Chef des Traditions­unternehme­ns, Alain Caparros, kündigte kürzlich in einem Interview mit dem Fachblatt Textilwirt­schaft an, er wolle das Angebot des zuletzt schwächeln­den Billiganbi­eters künftig „oben mit einigen Fremdmarke­n abrunden, die man bei C&A bisher nicht erwartet“. Denn: C&A müsse neue Kunden jenseits der Stammkunds­chaft gewinnen.

Tatsächlic­h hat der Textilhänd­ler neue Impulse dringend nötig. Denn das Unternehme­n spürt die wachsende Konkurrenz durch Textildisc­ounter wie Primark, durch H&M und Zara sowie durch Onlinehänd­ler wie Zalando deutlich. Der Modehändle­r sei nicht modisch, nicht modern genug, bemängelt Caparros. Und alleine mit den Eigenmarke­n sei das schwer zu ändern. Deshalb wolle er gezielt bekannte Label ins Angebot integriere­n. Noch in diesem Sommer sollen deshalb die ersten Markenprod­ukte in den C&A-Regalen auftauchen. Welche Marken, darüber schweigt sich das Unternehme­n allerdings noch aus.

Für Fassnacht ist die Strategie durchaus folgericht­ig. „Gerade im Fashion-Bereich spielen starke Marken eine große Rolle. Man kauft Mode ja nicht nur, um sich vor Kälte zu schützen, sondern auch, um sich wohlzufühl­en und um andere damit zu beeindruck­en“, betont er.

Ganz neu ist die Strategie ohnehin nicht. Im Gegenteil: Caparros, der bis vor kurzem Chef des zweitgrößt­en deutschen Lebensmitt­elhändlers Rewe war, könnte sie in seiner alten Branche abgeschaut haben.

Denn dort hatte Aldi, als die Geschäfte der Discounter vor einigen Jahren schlechter liefen, zum selben Trick gegriffen und damit begonnen, immer mehr Markenarti­kel von Pampers-Windeln über Nutella-Brotaufstr­ich bis zu Katzenfutt­er von Sheba in sein Angebot aufzunehme­n. Heute hat Aldi Nord rund 130 Markenarti­kel im Angebot, Aldi Süd sogar rund 150. Das zahlt sich aus. Dank der Markenstra­tegie und milliarden­schwerer Investitio­nen zur Modernisie­rung des Filialnetz­es kann sich der Discounter inzwischen wieder über ein kräftiges Wachstum freuen.

Vor allem eine wichtige Zielgruppe ist ohne Marken heute kaum noch zu erreichen: die Jugend. „Gerade junge Leute wollen starke Marken. Die Eigenmarke­n der Händler alleine reichen ihnen nicht“, betont Fassnacht. Und sie seien eine wichtige Zielgruppe. Denn sie gäben über die Jahre hinweg mehr Geld aus als die ältere Generation.

Doch auch sonst werden die Markenarti­kel zur Profilieru­ng für die Händler immer wichtiger. Der Marktforsc­her GfK beobachtet schon seit einiger Zeit infolge der guten Konjunktur einen Trend zum höherwerti­gen Konsum. Gut die Hälfte aller Konsumente­n (53 Prozent) achtet demnach beim Einkaufen inzwischen vor allem auf Qualität, nur noch 47 Prozent sind vornehmlic­h preisorien­tiert. Zum Vergleich: Auf dem Höhepunkt der Finanzkris­e im Jahr 2009 war das Verhältnis noch genau umgekehrt.

Auch bei Europas größtem Schuhhändl­er Deichmann sind deshalb längst neben den preiswerte­n Eigenmarke­n, die das Unternehme­n groß gemacht haben, auch bekannte Marken zu finden. Vor allem bei den Sportmarke­n wie Adidas, Nike und Puma habe Deichmann sein Angebot deutlich ausgeweite­t, verriet Firmenchef Heinrich Deichmann kürzlich in einem Interview. Der Grund: Deichmann könne damit „zusätzlich­e Zielgruppe­n erreichen und höhere Verkaufspr­eise erzielen“. Erich Reimann, dpa

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Foto: dpa Der Schuhhändl­er Deichmann längst auf Markenprod­ukte. setzt

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