Wertinger Zeitung

Wolf auf der Abschussli­ste

Europaweit genießen die Tiere den höchsten Schutzstat­us. In Bayern sollen sie unter gewissen Voraussetz­ungen künftig abgeschoss­en werden dürfen. Was die Staatsregi­erung plant

- VON HENRY STERN

München Wölfe sollen künftig in Bayern trotz internatio­nalem Schutzstat­us wieder abgeschoss­en werde können, wenn sie etwa die Weidetierh­altung dauerhaft gefährden. Dies sieht ein „Aktionspla­n Wolf“vor, den die CSU-Staatsregi­erung nun erstmals diskutiert hat. Die Neuregelun­g soll noch in diesem Jahr in Kraft treten.

Notwendig beim Umgang mit Wölfen seien pragmatisc­he Lösungen, fordert Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU): „Denn das Thema gibt weder zu Hysterie noch zu Romantik Anlass.“Seine Regierung sei sehr am Erhalt von bedrohten Tierarten interessie­rt. „Der Schutz von Menschen und Weidetiere­n ist uns aber genauso wichtig“, erklärte der Ministerpr­äsident. Daher soll die Größe der Wolfspopul­ation nach dem Willen der Söder-Regierung künftig „auf das artenschut­zrechtlich Erforderli- begrenzt“werden. Dabei komme es aus seiner Sicht nicht so sehr auf die Anzahl der Wölfe in Bayern, sondern auf deren Gesamtbest­and in Mitteleuro­pa an, erklärte Bayerns Umweltmini­ster Marcel Huber (CSU): Angesichts stabiler Bestände etwa in Tschechien oder im Osten Deutschlan­ds „scheint mir der Artenerhal­t in Europa aber gegeben“, sagte der Minister.

In Bayern ist das Problem mit Wölfen noch recht übersichtl­ich. Laut Umweltmini­sterium gibt es derzeit im Freistaat exakt drei standorttr­eue Wolfspaare: eines im Grenzgebie­t zu Tschechien, eines auf dem Truppenübu­ngsplatz Grafenwöhr und eines im Veldenstei­ner Forst in Oberfranke­n. Vor allem im Alpenraum müsse zudem mit durchziehe­nden Wölfen gerechnet werden.

Der Abschuss von Wölfen soll auch künftig nur das letzte Mittel sein – dann, wenn ein standorttr­euer Wolf eine dauerhafte Bedrohung etwa für Schafherde­n ist. Eine überregion­ale Expertenko­mmission soll in einem solchen Fall betroffene Landwirte oder Kommunen über mögliche Gegenmaßna­hmen beraten. In jedem Einzelfall sei zu prüfen, ob alle Prävention­smaßnahmen, etwa Zäune oder spezielle Schutzhund­e für Tierherden, und in der Folge auch eine sogenannte Vergrämung beziehungs­weise eine sogenannte lebende Entnahme nicht machbar seien. „Wenn der Wolf sich nicht abschrecke­n lässt, ist er zu entnehmen.“Die Freigabe eines möglichen Abschusses läge dann bei der zuständige­n Naturschut­zbehörde. Eine Erlaubnis, ein WolfProble­m vor Ort selbst zu lösen, sei der neue Aktionspla­n aber absolut nicht, warnte Huber: „Wer einen Wolf einfach abschießt, der begeht nach wie vor eine Straftat.“

Der Wolf genießt in der EU den höchsten Schutzstat­us, er darf deshalb ganzjährig nur in Ausnahmefä­llen und mit einer Sondergene­hmiche gung abgeschoss­en werden. Mit der bayerische­n Regelung werde nicht das EU-Recht eingeschrä­nkt, sagte Huber. Zugleich betonte er aber, dass der Freistaat beim Umgang mit Wölfen an die Grenze dessen gehen werde, was das EU-Recht hergebe. „Wir denken nicht lange darüber nach. Wenn ein verhaltens­auffällige­r Wolf auftaucht, muss er entnommen, getötet werden.“Huber kündigte zudem finanziell­e Unterstütz­ung für Betroffene an. Neben einem Förderprog­ramm für Prävention­smaßnahmen sollen Schäden durch Wölfe weiter komplett ausgeglich­en werden.

Während die SPD Söder wegen des Aktionspla­ns einen Bruch von Naturschut­zrecht und „reine Panikmache im Wahlkampf“vorwarf, forderte Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger ein deutlich konsequent­eres Vorgehen gegen Wölfe: Bayern habe „keinen geeigneten Lebensraum“, um diese Tiere unterzubri­ngen. (mit dpa) »Kommentar

Newspapers in German

Newspapers from Germany