Wertinger Zeitung

Wird das Rote Kreuz verdrängt?

Noch ein Bewerber für Wiesn-Sanitätsdi­enst

- VON STEPHANIE SARTOR

München Der eine bekommt bei einer Schlägerei einen Maßkrug gegen den Kopf gedonnert, andere fallen im Rausch von der Bierbank und prellen sich die Rippen oder der Kreislauf macht wegen der stickigen Bierzeltlu­ft schlapp. Seit mehr als 130 Jahren, seit 1885, kümmert sich das Bayerische Rote Kreuz auf dem Münchner Oktoberfes­t um solche Fälle. In diesem Jahr könnte das erstmals anders sein.

Weil es beim Wiesn-Sanitätsdi­enst um einen hohen Auftragswe­rt von über 200 000 Euro geht, muss er nach Angaben von Wolfgang Nickl vom Münchner Referat für Arbeit und Wirtschaft EU-weit öffentlich ausgeschri­eben werden. Neben dem BRK bewirbt sich auch ein privater Sanitätsdi­enst um die Notfallver­sorgung auf dem Oktoberfes­t. Beide Bieter müssen ihre Eignung anhand einer Eigenerklä­rung zu Ausschluss­gründen und zur Leistungsf­ähigkeit nachweisen. Ist die Eignung erfüllt, ist das alleinige Kriterium der Preis. Die Vergabe gilt dann von 2018 bis 2021.

Bei dem zweiten Bewerber handelt es sich um die Aicher Ambulanz Union aus München. Die hatte sich auch schon bei der Ausschreib­ung für die Jahre 2011 bis 2013 beworben, damals hatte aber das BRK den Zuschlag erhalten. Nun gibt es einen neuen Versuch. In einer Pressemitt­eilung des Unternehme­ns heißt es: „Die Aicher Ambulanz Union ist mit ihren heute 969 Mitarbeite­rn seit über 30 Jahren fester Bestandtei­l der Rettungsdi­enstlandsc­haft der Landeshaup­tstadt München. Dies sowohl in der Notfallret­tung als auch im Bereich Krankentra­nsport und Sanitätsdi­enst.“Das Unternehme­n ist eigenen Angaben zufolge für den Sanitätsdi­enst der Messe München zuständig, außerdem werden am Münchner Flughafen Gäste mit eingeschrä­nkter Mobilität betreut. „Mit unseren zwölf Rettungswa­gen in der Stadt sowie im Landkreis München sind wir der zweitgrößt­e Dienstleis­ter in der Notfallret­tung im Rettungsdi­enstbereic­h München“, heißt es in der Pressemitt­eilung weiter.

Beim Münchner Kreisverba­nd des BRK sieht man die ganze Sache kritisch: „Eine Entscheidu­ng der Stadt München für ein möglicherw­eise unterfinan­ziertes Angebot beim Sanitätsdi­enst wäre eine Entscheidu­ng gegen das Ehrenamt. Für uns und die zahlreiche­n ehrenamtli­ch aktiven Helferinne­n und Helfer ist der Wiesn-Dienst mehr als nur Engagement: Er ist unsere Herzensang­elegenheit, die nicht ‚verramscht‘ werden darf“, äußert sich Kreisverba­ndsspreche­r Martin Prankl in einer schriftlic­hen Stellungna­hme auf Anfrage unserer Zeitung. Derzeit läuft die Ausschreib­ung noch, eine Entscheidu­ng soll aber bald fallen.

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