Zehn Kilo Marihuana: Kurier muss ins Gefängnis
Ein 28-Jähriger wird mit Drogen erwischt. Der Mann ist nur ein kleiner Fisch. Doch er zahlt einen hohen Preis
Robert L.* hatte Schulden und keine Ahnung, wie er sie bezahlen sollte. Also fragte er seinen Dealer, was man da machen könne. Es war die erste schlechte Idee des 28-Jährigen aus dem Raum Köln, und nicht die letzte. Der Dealer schlug ihm ein Geschäft vor. Ob Robert L. für ihn Marihuana nach Italien transportieren würde? 8000 Euro sollten für ihn herausspringen, wenn alles klappte. Das Risiko war nicht ohne: Es ging um keine kleine Menge Marihuana, sondern um zehn Kilogramm. Dass ihm gewaltiger Ärger mit der Justiz drohen würde, sollte man ihn erwischen, muss Robert L. klar gewesen sein. Doch er ging auf den Deal ein.
Ende November 2017 setzte er sich mit zwei Koffern in einen Fernbus Richtung Süden. Er hatte nicht nur das Marihuana, sondern auch ein Pfefferspray dabei, was die Lage für ihn später nicht einfacher machen würde. Auf die bewaffnete unerlaubte Ausfuhr von Betäubungsmitteln steht eine Mindeststrafe von fünf Jahren. Als Schleiferfahnder der Augsburger Verkehrspolizei den Bus an der Haltestelle in der Biberbachstraße routinemäßig kontrollierten, kam eins zum anderen. Sie fanden das Marihuana und nahmen Robert L. fest. Er landete in Untersuchungshaft.
Nun hat ihn die Erste Strafkammer des Augsburger Landgerichtes zu einer Haftstrafe von sechs Jahren verurteilt, unter anderem wegen des versuchten bewaffneten Ausfuhrs der Drogen. Die Kammer unter Vorsitz von Richter Claus Pätzel ordnete zudem an, dass Robert L. eine Drogentherapie machen und dazu in einer Entziehungsanstalt untergebracht werden soll. Etwa nach einem halben Jahr Haft dürfte es dazu kommen. Allzu überraschend war das Urteil nach dem Prozessverlauf nicht. Verteidiger Moritz Bode und Staatsanwältin Saskia Eberle waren sich einig, dass der Angeklagte die Therapie machen sollte und die rechtlichen Voraussetzungen dafür auch gegeben sind. Eberle forderte sieben Jahre Haft, Bode nicht über fünf. Der Angeklagte hatte geschildert, wie es dazu gekommen war, dass er den Auftrag seines Dealers angenommen hatte. Täglich habe er Marihuana konsumiert, am Wochenende auch Kokain. Die Schulden habe er gemacht, um Drogen kaufen zu können. Nun im Gefängnis auf Marihuana zu verzichten, bereite ihm Schlafprobleme und Schweißausbrüche. Er wolle weg von den Drogen, weg von seinem alten Umfeld.
Die Vorwürfe an sich hatte der 28-Jährige weitgehend eingeräumt und sich für die Taten entschuldigt. An den Dealer oder weitere Hintermänner kamen die Ermittler bislang offenbar nicht heran. Kleine Fische dürften sie nicht sein, schon angesichts der Menge, die Robert L. für sie transportieren sollte. Das Marihuana war zudem von guter Qualität, wie im Prozess zur Sprache kam. Die Hintermänner taten vieles, um Spuren zu verwischen – und hielten sich selbst bedeckt. Wer ihm in Italien die Koffer abnehmen würde, wusste Robert L. nicht. Von seinem Dealer kannte er einen Spitznamen.
Sein Mandant sei lediglich ein Kurier gewesen, der 8000 Euro für die Drecksarbeit bekommen sollte, sagte Anwalt Moritz Bode. Tatsächlich war Robert L. ein für die Justiz bis dahin unbeschriebenes Blatt, ein unscheinbarer Mann ohne Vorstrafen, der jünger wirkt, als er ist. Und der nun für eine Reihe schlechter Entscheidungen einen hohen Preis bezahlen muss. Das Urteil ist bereits rechtskräftig. * Name geändert