Razzien bei Porsche und Audi
Auch beim Stuttgarter Sportwagenbauer standen nun Ermittler vorm Werkstor. Es geht um mögliche Manipulationen an Dieselmotoren – die aus dem Hause Audi stammen
Ingolstadt/Stuttgart Es ist strahlender Frühlingstag auf der Audi Piazza in Ingolstadt. Gelbe Tulpen blühen unter einer kräftig scheinenden Sonne. Audianer sitzen draußen vor einem der Konzern-Restaurants, trinken Kaffee, ratschen, ein normaler Arbeitstag zur Mittagspausenzeit. Ein bisschen ungewöhnlich allerdings ist, dass vor dem Gebäude der Unternehmensleitung mehrere Autos mit Stuttgarter Kennzeichen parken. Und noch ein bisschen ungewöhnlicher ist, dass wenig später ein Herr mit einer Waffe am Gürtel aus einem der Wagen steigt und mit seinem Kollegen in dem Gebäude verschwindet. Auf Anfrage sagt ein zufällig vorbeischlendernder Audianer dazu: „Ach, durchsuchen die schon wieder?“
Das tun sie, die Staatsanwälte und Ermittler. Standorte in Ingolstadt und in Neckarsulm wurden durchsucht, wie ein Unternehmenssprecher mitteilte. Allerdings geht es dieses Mal im Dieselskandal in erster Linie um Porsche. Die Ermittler haben sich im Diesel-Abgasskandal nun auch den Stuttgarter Sportwagenbauer vorgenommen. Mehr als 30 Staatsanwälte und rund 160 Polizisten durchsuchten am Mittwoch den Stammsitz des Autobauers im Stadtteil Zuffenhausen, das Entwicklungszentrum in Weissach sowie weitere Standorte – unter anderem eben zwei der Konzernschwester Audi, von der Porsche die Dieselmotoren für seine Fahrzeuge bezog. Zudem haben die Behörden mittlerweile konkrete Beschuldigte im Visier, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. Dazu zählt auch ein Vorstandsmitglied der Porsche AG.
Insgesamt richten sich die Ermittlungen wegen des Verdachts des Betruges und der strafbaren Werbung laut Staatsanwaltschaft gegen drei Beschuldigte – neben dem namentlich nicht genannten Vorstand handelt es sich um ein „Mitglied des höheren Managements“sowie einen früheren Mitarbeiter, der inzwischen nicht mehr bei Porsche ist.
Hintergrund sind mögliche Manipulationen der Abgasreinigung von Dieselfahrzeugen. Das Verfahren läuft seit vergangenem Sommer, eröffnet worden war es noch gegen unbekannte Mitarbeiter. Details nannten die Ermittler auch am Mittwoch nicht, die Aktion legt aber zumindest nahe, dass sie in den vergangenen Monaten genug Anhaltspunkte gefunden haben, die eine Durchsuchung rechtfertigen.
Ein Porsche-Sprecher erklärte, die Ermittler hätten Unterlagen gesichtet und gesichert. „Wir kooperieren in vollem Umfang mit den Behörden“, betonte er. Zu Details wollte auch er aber nichts sagen.
Der Sport- und Geländewagenbauer hatte bereits im Herbst 2016 einen freiwilligen Rückruf des Modells Macan begonnen, nachdem Zweifel an der Abgasreinigung laut geworden waren. Im Juli 2017 ordnete der damalige Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) dann wegen einer illegalen Abschalteinrichtung bei der Abgasreinigung einen Rückruf an sowie ein inzwischen wieder aufgehobenes Zulassungsverbot für den Geländewagen Cayenne mit 3,0-Liter-TDIAntrieb.
Anders als bei anderen Herstellern spielt der Diesel bei Porsche eigentlich nur eine untergeordnete Rolle, 2017 lag der Anteil an den Verkäufen bei gerade einmal zwölf Prozent. Die VW-Tochter entwickelt selbst auch keine Dieselmotoren, sondern baut Audi-Aggregate in ihre großen Geländewagen ein. Die Verantwortung müsse Porsche allerdings trotzdem selber tragen, hatte Vorstandschef Oliver Blume zuletzt bei der Vorlage der Jahresbilanz im März betont.
Trotzdem bekam Audi einmal mehr Besuch von den Ermittlern. Die Aktionen hätten aber nichts mit den Ermittlungen gegen Audi selbst zu tun, man sei nur in Amtshilfe für Stuttgart tätig geworden, betonte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft München. Die verdächtigt Audi, in den USA und Europa ab 2009 mindestens 210000 Dieselautos mit Schummelsoftware verkauft zu haben. Seit einem Jahr ermittelt sie wegen des Verdachts auf Betrug und strafbare Werbung gegen inzwischen 17 Beschuldigte, zu denen aber kein Audi-Vorstand gehört. Die Zentrale in Ingolstadt war schon im März 2017 und im Februar 2018 durchsucht worden. Ein früher für Audi als Motorenentwickler tätiger ehemaliger Porsche-Vorstand sitzt seit September 2017 in Untersuchungshaft. (dpa, kuepp)