Ein Platz für den Storchen Nachwuchs
Der Wertinger Badgass-Gärtner hat ein großes Herz für einen Klapperer, der mitsamt einer Gefährtin bei ihm eingezogen ist. Und auch eine Firma aus Binswangen zeigt sich hilfsbereit
Wertingen Wertingen und seine Umgebung entwickeln sich zum Storchenparadies. Immer mehr der schwarz-weißen Klapperer kreisen über dem Zusamstädtle und suchen nach Nistmöglichkeiten. Aber – Fehlanzeige! Der Horst auf dem Kirchturm ist schon besetzt. Storchenfreund Blasius Hurler und seine Frau Irmgard beobachten das aufmerksam und sind zur Tat geschritten. Nachdem ein zweites Storchenpaar vergeblich versucht hatte, zuerst auf dem Kamin der Schwanenbrauerei und dann auf dem Gesims des VR-Bank-Gebäudes ein Nest zu bauen, wollten Irmgard und Blasius Hurler die Not der Vögel nicht mehr länger mit ansehen.
Sie besorgten Eisenstäbe und schmiedeten mithilfe eines Bekannten ein rundes Gerüst als Nestgrundlage. Unter dem Gestell wurde eine U-förmige Vorrichtung angeschweißt als Halterung für den stillgelegten Kamin, auf dem es postiert werden sollte. Um dem Storch die Sache zu erleichtern und zum Nestbau anzuregen, legten die Hurlers auch Zweige und Moos ins Gestell. Sogar ein bisschen Kalk – Ersatz für Storchenkot – brachte Blasius Hurler an, um Echtheit zu simulieren und das Tier anzulocken. Mithilfe eines Freundes, der unentgeltlich eine Hebebühne zur Verfügung stellte, wurde das Gestell dann auf den nicht mehr genutzten Kamin der Hurler-Gärtnerei in der Badgasse gehievt, das Gestell quasi in den Kamin gesteckt und mit einem herabhängenden Stahlseil befestigt.
Zunächst schien es so, als hätte sich „Badgass-Gärtner“, wie ihn die Wertinger nennen, vergebene Mühe gemacht. Der Storch drehte zwar seine Runden, ließ sich aber nicht nieder auf dem schönen Domizil. Und zudem war er allein – die Gefährtin war nicht mehr zu sehen. Blasius und Irmgard Hurler waren ein bisschen traurig: „Schade, das tut uns so leid“, bedauerten sie, dass sie den Wettlauf mit der Zeit nicht gewonnen hatten. Denn der Bruttrieb des Tieres schien nicht mehr stark genug zu sein. So tröstete sich „Blasi“, wie ihn seine Frau nennt, und Irmgard ins nächste Jahr hinü- ber und hoffen, dass der Storch dann das kostenlose Angebot annimmt. Apropos Kosten: Blasius Hurler staunte nicht schlecht, als während des Nestbaus ein Passant, der die Szene beobachtete, vorbeikam und ihm 20 Euro als Spende in die Hand drückte.
Es scheint also viele Storchenfreunde in Wertingen zu geben. Und nicht nur hier. Auch aus Binswangen kommt ein Hilfsangebot für einen Nestbau. Steffi Miessl von der Firma miecom-Netzservice GmbH ist vom Storchenschicksal so berührt, dass sie einen Mast zur Verfügung stellen will für den Bau eines Storchennestes. Derartige Stahlmasten gehören zum Arbeitsmaterial der Firma, die normalerweise nicht Nester baut, sondern als Spezialist für Breitbandnetze in der ganzen Region unterwegs ist. Das Nest müsste allerdings in Wertingen stehen, denkt Steffi Miessl. Denn sie glaubt nicht, dass der Storch einen Umweg über Binswangen akzeptieren würde.
Am Freitagnachmittag erreichte uns dann doch noch die freudige Nachricht von Blasius Hurler: In seinem Nest ließ sich ein Storchenpaar nieder. Dass die beiden gekommen sind, um zu bleiben, ist für Hurler an dem lauten Geklapper der Störche deutlich geworden. (mit br)