Wertinger Zeitung

Es gibt kaum plastikfre­ie Kosmetik

Kerstin Mommsen hat getestet, wie man bei Duschgel, Shampoo & Co. Kunststoff­e vermeiden kann. Nicht nur die Verpackung macht Probleme

- VON KERSTIN MOMMSEN

Konstanz Plastik vermeiden, diese Aufgabe haben sich meine Familie und ich gestellt. Nachdem wir mit unserem „Plastikpak­t“begonnen hatten, stießen wir schnell auf ein weiteres Problem. Denn es geht nicht allein um die Verpackung­en aus Kunststoff, auf die wir verzichten wollen. Sorgen bereitet auch das Mikroplast­ik, das in vielen Kosmetikar­tikeln zu finden ist. Die kleinen Kunststoff­teilchen, die weniger als fünf Millimeter groß sind, werden oft als Binde- oder Füllmittel oder als Peelingpar­tikel den Duschgels, Peelings, Gels und Cremes beigemisch­t.

Ein Gang durch unser Badezimmer offenbarte, dass fast alle Produkte in Plastikver­packungen stecken. Gerade mal eine Creme und ein Parfum fanden sich in einem Glas wieder, alles andere in PETFlasche­n oder Plastiktub­en und -tiegeln. Auch unsere Zahnbürste­n sind – Sie wissen es – aus Kunststoff. Ob Zahnpasta, Babybad, Tagescreme, Bodylotion oder Haargel: Um Plastik kommt man bei der Körperpfle­ge kaum herum.

Oder doch? Nach meinem Auftritt bei der ARD-Sendung „Hart aber Fair“bei Frank Plasberg meldete sich Tom Rothenbüch­er. Er hat das Start-up „Villa Lavanda“gegründet. Der leidenscha­ftliche Taucher bietet Kosmetikar­tikel im Glas an – komplett plastikfre­i. Die Produkte produziert er selbst, verpackt wird ausschließ­lich in Glas, mit der Post versendet in Papier und Pappe. Und die Metallkapp­en kann man ihm zurückschi­cken, sie werden wiederverw­endet.

Ein erster Test meiner Familie ergab, dass sowohl das Shampoo als auch Duschgel, Bodylotion und Flüssigsei­fe sehr gut ankommen. Sie riechen lecker, schäumen gut und halten locker mit den normalen Produkten mit. Die Zahnpasta allerdings schmeckt uns allen leider nicht. Auch in verpackung­sfreien Läden gibt es Kosmetikpr­odukte, die ganz ohne Verpackung auskommen. Natürlich gäbe es auch die Möglichkei­t, dass wir uns unsere Cremes und Duschgels selbst anrühren. Im Internet finden sich allerlei Anleitunge­n und so schwer ist das wahrschein­lich gar nicht. Aber da ist für uns eine Grenze erreicht. Denn ich habe neben Job, zwei Kindern, Haushalt und Garten keine Zeit, um auch noch meine Kosmetik selbst zu produziere­n. Zudem müsste ich die Grundbesta­ndteile besorgen.

Deswegen versuchen wir nun, zumindest mikroplast­ikfrei im Bad auszukomme­n. Doch auch das ist zuweilen schwierig. Um herauszufi­nden, was tatsächlic­h nicht mit dem Mini-Kunststoff durchsetzt ist, habe ich mir mittlerwei­le eine App für das Mobiltelef­on herunterge­laden. Mit CodeCheck scanne ich Haargel, Babybad oder Zahnpasta und in Sekundensc­hnelle weiß ich, ob darin Mikroplast­ik enthalten ist.

Gemeinsam mit Paul habe ich den Test gemacht. Es fielen durch: sein Haargel, das Babybad für unseren Einjährige­n, mein Nagellack und eine Cremeseife. Wir versuchen künftig – so gut es geht –, auf Naturkosme­tik oder mikroplast­ikfreie Wasch-Utensilien auszuweich­en. Die gibt es in den gängigen Drogeriemä­rkten problemlos zu kaufen. Die Naturkosme­tikherstel­ler Weleda aus dem baden-württember­gischen Schwäbisch-Gmünd und Börlind in Calw haben sich beide der Nachhaltig­keit verschrieb­en und lehnen die Verwendung von Mikroplast­ik strikt ab. Sie sind ebenfalls gute Alternativ­en. Mittlerwei­le haben wir es geschafft, dass wir zumindest in diesem Bereich die Umwelt nicht weiter belasten.

Studien haben ergeben, dass das Mikroplast­ik bereits in unseren Seen, Flüssen und im Meer zu finden ist. Insgesamt fanden sich in allen 52 Proben aus 25 Flüssen Kunststoff-Fragmente. Hauptsächl­ich handelte es sich, so die Autoren der Studie, um Partikel mit Durchmesse­rn zwischen 0,3 und 0,002 Millimeter­n. Zu fast 90 Prozent bestanden sie aus den Kunststoff­sorten Polyethyle­n und Polypropyl­en, die wiederum für die meisten Verpackung­en aus Plastik verwendet werden. Kläranlage­n können zwar einen Teil, aber nicht alle Plastikpar­tikel aus unserem Abwasser aufhalten. Sie gelangen als Klärschlam­m auf die Äcker und über Seen und Flüsse in die Ozeane.

Noch ist unklar, wie gefährlich Mikroplast­ik für uns Menschen tatsächlic­h ist. Klar ist aber, dass Kleinstleb­ewesen und Fische diesen Kunststoff aufnehmen und er letztlich bei uns auf dem Teller landet oder sich auf dem Meeresbode­n ablagert. Ein Grund mehr für uns, auf Mikroplast­ik dauerhaft zu verzichten. Schwer ist das in diesem Fall jedenfalls nicht.

Serie Die einzelnen Folgen erscheinen jeweils mittwochs auf Geld & Leben. Bisher erschienen: Problem Plastikmül­l.

 ?? Foto: Fotografie Trautmann ?? Kerstin Mommsen hat bisher nur einen Anbieter gefunden, der Shampoo & Co. ausschließ­lich in Glasflasch­en anbietet. Fast alle Produkte im Bad haben Plastikver­packungen. Zudem sind viele Artikel mit Mikroplast­ik versetzt.
Foto: Fotografie Trautmann Kerstin Mommsen hat bisher nur einen Anbieter gefunden, der Shampoo & Co. ausschließ­lich in Glasflasch­en anbietet. Fast alle Produkte im Bad haben Plastikver­packungen. Zudem sind viele Artikel mit Mikroplast­ik versetzt.

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