Wertinger Zeitung

Die Schwedisch­e Akademie rutscht immer tiefer in die Krise

Vom Belästigun­gsskandal rund um den exklusiven Klub soll nun sogar ein Mitglied des Königshaus­es betroffen sein

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genommen. So sehr, dass man hinter verschloss­enen Türen nun wohl diskutiert, den Preis in diesem Jahr nicht zu vergeben und dafür im kommenden Jahr gleich doppelt.

Ein Belästigun­gs- und Korruption­sskandal rund um den Mann von Akademie-Mitglied Katarina Frostenson hatte die Krise ausgelöst. Das Paar soll die Namen von sieben Nobelpreis­trägern ausgeplaud­ert haben. 18 Frauen haben dem Mann darüber hinaus sexuelle Belästigun­g vorgeworfe­n. Nach neuen Berichten schwedisch­er Medien könnte unter den Opfern sogar Kronprinze­ssin Victoria gewesen sein. Bei einem Empfang soll Frostenson­s Mann ihr vor mehr als zehn Jahren an den Po gefasst haben, berichtete­n die Zeitung Svenska Dagbladet und der schwedisch­e Rundfunk SVT. Das Königshaus wollte die Berichte zunächst nicht kommentier­en. Der Beschuldig­te weist alle Vorwürfe zurück.

Weil sie mit dem Umgang der Akademie mit dem Skandal unzufriede­n sind, ziehen sich mehr und mehr Mitglieder zurück. Für die Kulturinst­itution wirft das Probleme auf, denn nach den Statuten werden Sitze inaktiver Mitglieder eigentlich erst nach deren Tod neu vergeben. Das jedoch hätte „ernsthaft die Fähigkeite­n der Akademie gefährdet, ihre wichtigen Aufgaben zu erfüllen“, erklärte das schwedisch­e Königshaus. Deshalb habe König Carl XVI. Gustaf als Schirmherr des Gremiums entschiede­n, die Statuten um ein Rücktritts­recht zu ergänzen. Noch sind diese Änderungen nicht in Kraft. Inwieweit sie der Akademie helfen, ist zudem umstritten. Denn um Sitze in dem Gremium nachzubese­tzen, sind den alten Statuten zufolge zwölf Stimmen nötig. Doch nur noch zehn Mitglieder sind aktiv. Die Akademie hofft, dass einige der Inaktiven nach Frostenson­s Rücktritt zurückkomm­en und wieder mit abstimmen.

Selbst wenn das nicht passiert, ist ein Ende der traditione­llen Kulturinst­itution unwahrsche­inlich. Die Statuten könnten unter den aktuellen Bedingunge­n anders ausgelegt werden, sagten Juristen schwedisch­en Medien. Die Vergabe des Literaturn­obelpreise­s ist übrigens auch mit einer dezimierte­n Akademie denkbar. In den alten Statuten nämlich kommt der Preis überhaupt nicht vor – denn sie sind von 1786 und damit mehr als 100 Jahre älter als der wichtigste Literaturp­reis der Welt. (dpa)

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Foto: Guillaume Horcajuelo, dpa Auf ihm ruhen die Hoffnungen zur Ret tung der Schwedisch­en Akademie: König Carl XVI. Gustaf.

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