Erst mal aus Prinzip dagegen
Die Kritiker haben recht: Der Haushaltsentwurf der Europäischen Kommission fällt zu opulent, zu wenig sparsam, zu wenig zukunftsorientiert aus. Und vermutlich werden den Gegnern in den kommenden Wochen noch mehr Vorwürfe einfallen. Doch diese Einwände sind unehrlich.
Gerade die Staats- und Regierungschefs schreiben der Union immer wieder gerne neue Aufgaben auf die Agenda, nur wenn es ums Bezahlen geht, zucken sie zurück. Die Streichungen bei den Bauern stehen sowieso auf wackeligen Füßen – nicht, weil sie unvernünftig wären, sondern weil die Staats- und Regierungschefs mit großer Landwirtschaft wie Frankreich ihren Landwirten nicht mit Kürzungen nach Hause kommen dürfen.
Kein Etat-Entwurf kann solchen sich widersprechenden Herausforderungen genügen. Vor diesem Hintergrund scheint der Plan von Haushaltskommissar Günther Oettinger allerdings gelungen. Gerade weil er trotz des Brexit auf Investitionen setzt und neue Geldquellen erschließen will. Denn von den Mehrausgaben profitieren die EUMitglieder selbst. In Ungarn oder der Slowakei wäre der Staatshaushalt im heutigen Umfang ohne EUSubventionen nicht denkbar. Gerade diese Staaten sind es, die auf der Gemeinschaft herumhacken, während sie zugleich in Brüssel die Hand aufhalten. Die nun vorgeschlagene Wohlverhaltensklausel macht deshalb Eindruck, vor allem als Instrument der Drohung. Denn sehr viel mehr wird daraus nicht werden. Die Bereitschaft der Minister im Rat, sich gegen einen aus den eigenen Reihen zu stellen und ihm Finanzmittel zu versagen, ist gering. Trotzdem zeigen die ersten Reaktionen aus den betroffenen Ländern, dass man den Wink mit dem Zaunpfahl verstanden hat.
Der Haushaltsentwurf bietet Chancen für eine zukunftsfähige europäische Politik. Dass das Papier fast schon pflichtgemäß erst zerrissen wird, um es dann wieder zusammenzusetzen, gehört zur politischen Strategie der Regierungen. Mehr nicht.