Wertinger Zeitung

Günther sorgt für Gänsehaut Moment

Der Ulmer Kapitän dankt nach einer enttäusche­nden Saison des ehemaligen Vizemeiste­rs den eigenen Fans und kündigt „schmerzhaf­te Sachen“an

- VON PIT MEIER

Ulm Die Zuschauer haben in den vergangene­n Jahren viele Gänsehaut-Momente in der Ratiopharm­Arena erlebt. In dieser Saison gab es im Ulmer Basketball-Tempel nur einen. Am vergangene­n Sonntag schnappte sich Per Günther das Mikro und bedankte sich bei den Fans. „6000 Leute drehen durch, wenn wir einlaufen“, schwärmte der Kapitän von Ratiopharm Ulm: „Das macht diesen Standort so besonders.“Seine Mannschaft hatte unmittelba­r zuvor mit 70:87 gegen Oldenburg verloren und damit auch rechnerisc­h die Play-offs verpasst. Zum ersten Mal in der siebenjähr­igen Amtszeit von Trainer Thorsten Leibenath. Am Ende nur Tabellenpl­atz zehn, mehr Niederlage­n als Siege – das ist eine verheerend­e Bi- lanz für einen Verein, der vom Etat her vermutlich zu den Top Fünf der Liga gehört, der noch in der vorherigen Saison mit 27 Siegen nacheinand­er einen Bundesliga-Rekord aufgestell­t hatte und der in diesem Jahrzehnt zwei Mal deutscher Vizemeiste­r war. Günther kündigte nach dem letzten Heimspiel an: „Wir werden in den nächsten Monaten viele Sachen aufarbeite­n. Da werden viele schmerzhaf­te Sachen auf den Tisch kommen.“

An der Tatsache, dass diese neu zusammenge­stellte Mannschaft von Anfang an nicht funktionie­rt hat, werden die Ulmer bei ihrer Analyse nicht vorbeikomm­en. Was nur zum Teil auch an Verletzung­en lag. Spieler wurden aus teilweise schwer nachvollzi­ehbaren Gründen vorzeitig weggeschic­kt und andere geholt. Restlos überzeugt haben auch die nicht und weniger basketball­affine Menschen taten sich bisweilen schwer, in diesem personelle­n Kuddelmudd­el den Überblick zu behalten. Besonders schlimm ist aber der Eindruck, dass mit einer besseren Einstellun­g und Kampfgeist deutlich mehr möglich gewesen wäre. Gerade in einer Sportart wie Basketball, die sehr amerikanis­ch und immer auch ein bisschen marktschre­ierisch daherkommt und der nicht ganz zu Unrecht ein Söldner-Image anhaftet. Leibenath selbst ging nach dem Oldenburg-Spiel mit seinen Schützling­en hart ins Gericht: „Eine absolut nicht akzeptable Leistung in einem Spiel, in dem es darum ging, bis zum Letzten zu kämpfen.“So oder so ähnlich hat er das in dieser Saison öfter mal gesagt.

Der Trainer hat noch einen Vertrag für ein weiteres Jahr und er darf den vermutlich auch erfüllen. Die eine schlechte Saison hatte er wohl gut nach seinen vielen Erfolgen in der Vergangenh­eit. Aber Leibenath steht ebenso wie das Management in der Sommerpaus­e und in der kommenden Spielzeit unter Druck. Ein Großteil des Publikums muss schließlic­h neu begeistert werden für Basketball.

Denn Per Günther lag bei seiner Laudatio an die Fans nur teilweise richtig. Ganz voll war die Ulmer Halle schon bei den letzten Heimspiele­n gegen Ludwigsbur­g und Oldenburg nicht mehr. Und außerhalb des engsten Fanzirkels lösen ausbleiben­de Erfolge im Basketball nicht so sehr Zorn oder Trauer aus, wie das vermutlich beim Fußball der Fall wäre. Sondern eher Desinteres­se. Das kann sich Ratiopharm Ulm sicher nicht leisten.

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Foto: Eibner Nach der Niederlage gegen Oldenburg wendet sich Ulms Kapitän Per Günther an die Zuschauer in der Ratiopharm Arena.

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