Wertinger Zeitung

105 Jahre Wallfahrt in einem Buch

Die Männer- und Soldatenwa­llfahrt nach Violau hat eine lange und bewegende Geschichte. Am Sonntag findet sie das nächste Mal statt

- VON MICHAELA KRÄMER

Altenmünst­er Geschichte und Geschichte­n aus 105 Jahren Soldatenwa­llfahrt, zusammenge­fasst auf 40 Seiten: Das ist die neue Chronik, die Wolfgang Koch aus Emersacker zusammenge­stellt hat. Ihm sind vor einigen Jahrzehnte­n alte Fotos in die Hände gefallen, die seine Großmutter in einem Schuhkarto­n aufbewahrt hatte. So begann er mit Familienfo­rschung, die sich später zur Vereinsfor­schung ausdehnte. War überhaupt Material vorhanden – und wo? Unterstütz­ung hat Koch da von älteren Mitbürgern bekommen, denn es war nicht immer einfach, die Bilder und ihre Geschichte­n zeitlich zuzuordnen. Und so ist eine einzigarti­ge Wallfahrts­chronik des Kriegerund Veteranenw­allfahrtsv­ereins entstanden, die durchgängi­g von 1913 bis 2017 dokumentie­rt ist, wie Josef Bayer, Vorsitzend­er des Wallfahrts­komitees, stolz erzählt.

Die gut lesbare, reich bebilderte Broschüre mit vielen Ereignisse­n aus den Original-Protokollb­üchern (teilweise in Sütterlins­chrift) liefert zahlreiche Dokumente und Berichte aus dem Stadtarchi­v Lauingen, dem Lauinger Anzeiger, der Wertinger Zeitung, die erste Einladung zur Kriegerwal­lfahrt und sogar die erste Aufnahmeur­kunde vom 13. Mai 1915 für Mitglieder des Kriegerund Veteranenw­allfahrtsv­ereins Violau. Die zweite Satzung erschien 1930, ist mit der ersten Satzung fast identisch und bis heute gültig.

Die Krieger- und Soldatenwa­llfahrt hat eine lange Geschichte: Die erste fand am 19. Mai 1913 statt. Auf Anhieb waren 26 Vereine mit fast 1000 Mitglieder­n dabei, 1915 gründete sich der Verein. Das Besondere: Die Violauer Wallfahrt fand seit der Gründung jedes Jahr, auch während des Zweiten Weltkriegs, statt. Auch Anekdoten aus dem Protokollb­uch tauchen in der Chronik auf. So heißt es aus dem Jahr 1948: „Einzugstei­lnehmer ärgern sich, dass alle Kirchenbän­ke schon besetzt sind.“1941 wurde die Wallfahrt polizeilic­h angemeldet, und obwohl es nicht erlaubt war, erschienen die Soldaten teilweise mit ihren Fahnen.

Alles wurde damals festgehalt­en, so auch, dass es 1944 eine Wallfahrt ohne Fliegerang­riffe gegeben hat. Als Erinnerung an die Gründung der Veteranenw­allfahrt Violau hatte Georg Wolfart 1914/15 die Veteraneng­locke gegossen. In der Chronik heißt es über sie: „... und wie vielen muss sie wohl noch läuten, bis sie einläuten kann den Frieden, der ihr bei der Weihe so herzlich gewunschen wurde.“Diese Worte stammen von Georg Tausend, der die Glocke gestiftet und bis 1924 das Protokollb­uch geführt hatte. Und auch heute noch wird das Protokollb­uch handschrif­tlich weitergefü­hrt, wie Bayer berichtet.

Am Sonntag, 6. Mai, findet die Wallfahrt das nächste Mal statt. Um 9.30 Uhr stellen sich die Fahnenabor­dnungen und Pilger auf. Der Wallfahrts­gottesdien­st beginnt um 10 Uhr, Maiandacht ist um 14 Uhr. Es nehmen Vereine aus den Landkreise­n Augsburg, Dillingen, Donauwörth, Günzburg, Heidenheim und Ostalbkrei­s teil. Der Kriegerund Veteranenw­allfahrtsv­erein Violau wird von mehr als 60 Mitgliedsv­ereinen getragen. „Es ist der Glaube und der Wunsch nach dauerhafte­m Frieden, der uns Jahr für Jahr antreibt, diese Wallfahrt weiterlebe­n zu lassen – und dies ununterbro­chen seit 1913“, sagt Josef Bayer. „Wer im Gedächtnis seiner Kameraden lebt, ist ja nicht tot – er ist nur fern. Tot ist nur, wer vergessen ist.“

 ?? Foto: Michaela Krämer ?? Wolfgang Koch (links) und Josef Bayer präsentier­en die Chronik aus 105 Jahren Soldatenwa­llfahrt.
Foto: Michaela Krämer Wolfgang Koch (links) und Josef Bayer präsentier­en die Chronik aus 105 Jahren Soldatenwa­llfahrt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany