Eine Wertinger Familie steht im Angesicht des Unglücks zusammen
Die Lavamassen aus dem Vulkan Kilauea auf Hawaii bewegen sich auf die Pension der Tochter zu. Ursula und Albert Wiesenbauer telefonieren täglich mit ihr
Wertingen/Hawaii Vater und Mutter bleibt man ein Leben lang. Wenn etwas den eigenen Kindern widerfährt, dann fühlen die Eltern auf ganz besondere Weise mit. So geht es derzeit dem Wertinger Ehepaar Ursula und Albert Wiesenbauer. Das Lebenswerk ihrer Tochter wird bedroht – und zwar von einer mehrere Meter hohen Wand aus Lava, die sich gerade auf die Pension ihrer Tochter auf Hawaii zuwälzt. Zwar mit nur einem Meter in der Stunde. Aber unaufhaltsam.
„Wir sind bestürzt und schockiert“, sagt Albert Wiesenbauer. Täglich telefoniert das Rentnerehepaar mit ihrer 53-jährigen Tochter Petra. Diese entschied sich vor 20 Jahren, auf die Trauminsel im Pazifik zu ziehen und dort eine Frühstückspension für Touristen zu eröffnen, ein sogenanntes „Bed and breakfast“.
Am Donnerstag brach der Vulkan Kilauea nach einem vorherigen Erdbeben auf der größten Insel von Hawaii, auf „Big Island“aus. Aus mehreren Spalten quillt nun Lava. In großer Eile mussten die Bewohner des Dorfes Pahoa ihre Häuser verlassen. Denn der gewaltige Lavastrom an sich ist zwar zäh und langsam, doch gebe es eine Menge anderer Gefahren, etwa giftige Schwefelgase, sagt Wiesenbauer. Außerdem gab es allein am Tag nach dem Ausbruch 477 kleinere Nachbeben, wie die Zivilschutzbehörde der USA berichtet.
Albert Wiesenbauer war selbst schon mehr als 20 Mal auf Hawaii, er kennt sich aus, er und seine Frau hätten dort viele Freunde. Bei solchen ist gerade auch Tochter Petra untergekommen, sie bekam nach dem Unglück das Angebot einer Bekannten, bei ihr einzuziehen. Sie schläft jetzt knapp 30 Autominuten von ihrer Frühstückspension entfernt, während die Lava langsam, aber unaufhaltbar darauf zurollt. „Die Leute dort sind unglaublich hilfsbereit“, sagt Wiesenbauer. „Sie unterstützen einander, sind füreinander da.“Berichten der Behörden zufolge hat der Ausbruch auch Teile der Infrastruktur zerstört, zwischenzeitlich seien viele tausend Menschen ohne Strom gewesen.
Wer nicht bei Bekannten unterkommen kann, der muss in einer der beiden großen Gemeinschaftsunterkünfte schlafen, die von Staat und Gemeinde eingerichtet worden sind, erzählt Wiesenbauer. Alle seine Informationen hat er von seiner Tochter, doch sieht er sich zusätzlich Videomaterial von der Naturkatastrophe an, liest viele Artikel. Auch seine Tochter selbst wurde von den örtlichen Medien schon interviewt.
Das Anwesen seiner Tochter ist groß, beinhaltet insgesamt vier Apartments. In jahrelanger Arbeit hat sie es her- und eingerichtet. Es gehört zu dem Dorf Pahoa, in dem wenige tausend Einwohner leben. „Man darf sich das dort nicht so vorstellen wie bei uns“, sagt Wiesenbauer. Die Häuser seien größtenteils einfach und aus Holz gebaut, gemauerte Anwesen seien selten. Durch den Ausbruch des Vulkans brannten schon viele Häuser ab, Stand Redaktionsschluss waren es laut amerikanischen Medienberichten knapp 30. Doch noch ist nicht abzusehen, dass der gewaltige Lavastrom zum Stehen kommt.
Auf die Frage, wie es seiner Tochter in Anbetracht der Umstände geht, antwortet Wiesenbauer: „Sie ist eine echte, starke Powerfrau.“Trotz der ernsten Lage lasse sie sich nicht unterkriegen.
Jeden Tag sprechen die Eltern mit ihrer Tochter, ebenso der Sohn. Angesichts des Unglücks am anderen Ende der Welt steht die Familie zusammen, steht es gemeinsam durch. „Wir sind sehr besorgt“, sagt Albert Wiesenbauer. In Gedanken sind die Wiesenbauers stets bei ihrer Tochter. (mit dpa)